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VIII Gerechtigkeit – Grundbedeutung

VIII Gerechtigkeit – Bedeutung im Orakel

Das Heilungsorakel

Das Heilungsorakel dient dazu, Krankheiten und schwierigen Lebenssituationen auf den Grund zu gehen und mögliche Ursachen, Geschenke und Lösungsmöglichkeiten zu entdecken. Es beruht auf dem Konzept Susun Weeds, das Krankheit, Schmerzen und Probleme als Tore versteht,

„durch die Verbündete treten können, die Verwandlung mit sich bringen, die uns schützen und uns reich beschenken können, weil sie uns fehlende Teile zu unserem Ganzen liefern. Heilung und Gesundheit hängen somit davon ab, dass das Problem seinen Sinn enthüllt, dass wir das Geschenk finden, das in einem Problem oder einer Krankheit verborgen ist. Ziel eines jeden Heilungsprozes­ses ist es, das Ganz-/Heil-/Heilig-Sein in jedem Individuum zu nähren.“ (Susun Weed, HeilWeise)

Vorgehen: Nachdem du dir klar darüber geworden bist, welches Problem du mit dem Legesystem beleuchten willst, werden die Karten gemischt, dreimal abgehoben und zu einem Fächer ausgebreitet. Anschließend ziehst du sechs Karten, die du nach folgendem Schema auslegst:

heilungsorakel

Die siebte Karte wird nicht ausgelegt, sondern erschließt sich am Ende, indem du die Zahlenwerte aller ausgelegten Karten zusammenzählst und solange die Quersumme des jeweiligen Ergebnisses bildest, bis du eine einstellige Ziffer erreicht hast. Diese entspricht einer Karte der ersten neun Großen Arkana. Sie beschreibt die Quintessenz deines Legesystems (siehe dort). Hofkarten erhalten dabei keinen eigenen Zahlenwert, das As gilt als 1.

Die Bedeutung der einzelnen Positionen im Legesystem:

(1) Die auslösende Lebenssituation: Ein Ereignis, eine Gelegenheit, ein Angebot, eine Herausforderung. Die Atmosphäre, in der sich mein Leben aktuell gerade abspielt (Ritter). Eine Chance, die sich mir bietet (Jungfrauen). Das Kräftefeld, das derzeit auf mich einwirkt (Zahlenkarten). Eine schicksalhafte Begegnung oder Begebenheit (Große Arkana). Eine Person, die meinen Weg kreuzt (Königinnen/Könige).

(2) Die Wurzel des Problems: Die tieferen Ursachen und Hintergründe der Situation. Mein Anteil am Geschehen oder äußere Einflüsse, die dem Problem zugrunde liegen. Wie und wodurch verursache ich das Geschehen? Alte Reaktionsmuster und tief verwurzelte Einstellungen und Überzeugungen.

(3) Innere Haltung: Die innere Haltung, mit der ich der Situation, dem Problem, der Krankheit begegne. Die Art, wie ich darauf reagiere oder damit umgehe. Mein Gemütszustand, meine Ängste, Wünsche und Sehnsüchte, die durch die Situation wach gerufen werden.

(4) Das Geschenk: Welches Potential liegt in dieser Situation, diesem Problem, dieser Krankheit verborgen? Was ist die große Chance, die sich mir hier bietet? Was könnte mich die Krankheit lehren? Worauf weist mich das Problem hin? Welche Botschaft liegt darin verborgen?

(5) Optimale Ernährung: Was brauche ich jetzt, um das Geschenk des Lebens, das sich mir in dieser Situation bietet, erschließen zu können? Was nährt mich und stärkt meine Selbstheilungskräfte?

(6) Heilende Lösung: Wie und wodurch finde ich jetzt Heilung im Sinne von Ganz-/Heil-/Heilig-Sein? Was schenkt mir Beweglichkeit, Offenheit für Veränderung, Anpassungsfähigkeit und Bereichtschaft zur Verwandlung? Je nach Karte kann dies eine Aufforderung sein, selbst aktiv zu werden, oder das dankbar anzunehmen, was das Leben uns als Heilmittel schenkt.

(7) Quintessenz: Zusammenfassung, Fokus, Hauptgedanken. Worum geht es im Wesentlichen? Die Quintessenz wird wie oben erläutert aus der Quersumme aller Karten gebildet (wobei die Asse als 1 und die Hofkarten als 0 gewertet werden).

Bei der Deutung der Positionen (1), (2) und (3) ist zu beachten, dass ich die Positionen (1) und (3) meist von der Hauptbedeutung der Karte her interpretiere, während ich unter (2) eher die Kehrseite bzw. die Schattenseiten  berücksichtige. Du solltest bei deinen individuellen Deutungen jedoch in Betracht ziehen, dass einzelne Aspekte dieser Art der Deutung auch für die beiden anderen Positionen zutreffen können und umgekehrt.

Auf der ersten Karte der Großen Arkana sehen wir einen jungen Mann in einer hügeligen Landschaft. Er ist mit einem breitkrempigen Hut und dem bunten Kostüm eines Gauklers bekleidet und steht neben einem großen Stein, auf dem seine magischen Werkzeuge ausgebreitet liegen. Den Zauberstab erhoben, ist er bereit, uns seine Kunststücke vorzuführen. Vielleicht geht es ihm darum, den Fall der Würfel zu beeinflussen, die er gerade wirft. Ganz offensichtlich bereitet es ihm Vergnügen, sein Publikum auf spielerische Weise zu verblüffen. Doch es bleibt unklar, ob seine Kunststücke nur illusionärer Schein sind oder magische Wirklichkeit. Sein Blick ist kaum zu deuten: Während ihm einerseits der Schalk aus den Augen blitzt, scheinen sie gleichzeitig das Wissen um die tiefsten Geheimnisse des Lebens widerzuspiegeln und seine Geste ist ernst und erhaben.

Mag der Magier auch als Mensch erscheinen, so ist die erste Gestalt, der wir auf unserer Reise mit dem Narren gegenübertreten, in Wirklichkeit ein Sohn der Göttin: Es ist niemand anderer als Hermes-Merkur, den wir auf dieser Karte sehen. Im antiken Griechenland und in der römischen Kultur galt er als geflügelter Bote und Wanderer zwischen den Welten. Die Menschen verehrten ihn als Führer der Seelen im Totenreich, Gott der Offenbarungen und Begleiter auf irdischen und spirituellen Reisen. Seine Kunst, die erste, mit der wir uns vertraut machen dürfen, ist die der Magie. Nach außen hin mag sie uns als Taschenspielertrick erscheinen, denn Magie hat immer etwas Leichtfüßiges und Spielerisches an sich. Doch dahinter verbirgt sich die uralte Weisheit von Merkurs Mutter, der Schlangengöttin Maia, die als Großmutter der Magie galt. Von ihr erhielt Hermes-Merkur all sein Wissen und durch sie wurde er zum Boten und Vermittler zwischen den Welten: der himmlischen, der irdischen und der Unterwelt. Wir können uns keinen geeigneteren Führer auf unserer Reise durch die Bilderwelt des Tarot wünschen als ihn, der in allen drei Welten zu Hause ist.

Auf dem Bild hat der Magier seinen Zauberstab erhoben. Mit dem Stab vermag er Energie zu sammeln, sie zu lenken und ihr eine Richtung zu geben. Doch er hält den Stab in seiner linken Hand, nicht in der rechten. Seine Fähigkeit, die Wirklichkeit nach seinen Vorstellungen zu gestalten, ist nicht das Ergebnis rationaler Überlegungen oder erworbenen Wissens. Sie ist ein direktes Geschenk seiner instinktiven Natur und seiner ursprünglichen Emotionen. Nur durch seine Verbindung mit den aufnehmenden, empfänglichen Seiten seines Wesens und durch die Verwandtschaft zu seiner Mutter Maia entsteht seine magische Kraft. Deshalb trägt er auch den Schlangengürtel, das Zeichen der uralten Göttin.

Der Magier vermag Dinge zu verwandeln oder verschwinden zu lassen. Er verwirrt uns, lässt uns an unseren Sinnen zweifeln – und genau das ist seine Absicht. Mit seinem Verwandlungszauber erinnert er uns daran, dass alles, was wir sehen und wahrnehmen, nur „Maja“ ist: Schein und Illusion. Wir erkennen nicht das Wesen der Dinge, sondern sehen nur Erscheinungsformen der Wirklichkeit. In ihrem Kern aber sind all diese Erscheinungen eins. Nur deshalb ist es dem Magier möglich, jede Substanz in eine andere zu verwandeln. Seine Magie wirkt weniger durch den zielgerichteten Willen als durch Einbildungskraft und Spiel. Wer erfolgreich und wirkungsvoll zaubern will, braucht eine lockere Hand, Neugier und Experimentierfreude sowie viel Humor. Die Fähigkeit, alles für möglich zu halten, ist eine ganz elementare Grundlage jeder magischen Handlung. Aus dem Chaos des Narren kann alles gerufen und geformt werden. Und der Magier ist in der Lage, jederzeit das Unerwartete möglich zu machen und die schöpferische Kraft des immerwährenden Augenblicks zu nutzen.

Die drei Würfel, die aus seiner rechten Hand fallen, verweisen uns auf das spielerische Element des Zufalls. Die Eigenart des Zufalls ist es, einer höheren Ordnung zu folgen, während gleichzeitig jedes einzelne Ereignis unwägbar und unvorhersehbar erscheint. Obwohl wir die Gesetzmäßigkeiten des Zufalls berechnen können, ist es uns mit rationalen Mitteln nicht möglich, kommende Ereignisse zu durchschauen. Dabei verlockt und verzaubert uns gerade der Zufall in vielfältiger Weise; zahllose Glücksspiele und Spielcasinos zeugen von dieser Tatsache. Die Dreizahl der Würfel verweist uns auf die drei Schicksalsgöttinnen, denen wir auf der zehnten Karte des Tarot begegnen werden. Der Magier ist sich der Macht des Schicksals sehr wohl bewusst und dennoch gestaltet und beeinflusst er sein Geschick in jedem Augenblick durch sein magisches Tun.

Dass der Magier in der Lage ist, gegensätzliche Seiten der Wirklichkeit auf kreative Weise zu verbinden, zeigt sich auch in seiner Kleidung. Sein Hut hat die Form einer Lemniskate, einer liegenden Acht. Dieses Symbol repräsentiert die schöpferischen Gegensätze des Lebens, die bis in alle Unendlichkeit kreisen, fließen und sich ineinander verwandeln. Auch die Farbe seiner Kleidung weist diese widersprüchlichen Elemente auf: Das Rot steht für die animalische Energie lebendiger Leidenschaft, für Aktivität und emotionale Ausdruckskraft. Das Blau hingegen repräsentiert die himmlische Energie: Ruhe, Hingabe und seelisch-geistige Aufnahmefähigkeit. Diese beiden Farben sind im Kostüm des Magiers bewusst einander gegenüber gestellt. Sie scheinen gegensätzlich und doch untrennbar miteinander verbunden im ewigen Wechsel von Anziehung und Abstoßung. Durch diesen Kontrast scheint der Magier vor Energie nur so zu sprühen.

Die goldene Krone seines Hutes, die goldene Gürtelschnalle und der Stab in seiner Hand verbinden ihn mit der magischen Sonnenkraft. Das Goldgelb, das ihn schmückt, ist die Farbe des Lichtes und der Erleuchtung. Die Zahl seiner Karte, die Eins, verbindet ihn mit der Kraft des Himmels und des Geistes. Sie symbolisiert die ursprüngliche Einheit hinter der Mannigfaltigkeit, den Ursprung und Ur­an­fang aller Dinge, den Funken, der das Feuer der Wirklichkeit entfacht, und den Samen, in dem alles enthalten ist. Die Eins ist hell, strahlend und alles durchdringend, doch sie kann immer nur in der Beziehung zu einem anderen erfahren werden. Wir Menschen sind nicht in der Lage, die Einheit zu erfassen, sondern brauchen die Zwei der folgenden Karte, um wirklich zu verstehen. Erst im Spiel der Gegensätze erkennen wir den Zauber der Einheit.

Magie im Sinne dieser Karte ist die Kunst der allumfassenden Kommunikation, der kreativen Imagination, der Gestaltung von Wirklichkeit. Um wirkungsvoll Magie weben zu können, müssen wir wissen, was wir bewirken wollen. Von daher verbindet uns diese Karte mit der Erfahrung einer klaren Zielsetzung und der Fähigkeit, die Welt nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Dies geschieht nur selten in Form eines magischen Rituals. Viel häufiger ist es die Magie des Alltags, die sich in unserem Denken, unserer Sprache und unserem täglichen Handeln widerspiegelt. Tatsächlich prägen unsere Gedanken und unsere Sprache die Wirklichkeit, in der wir leben, in weitaus größerem Maße als so manches Ritual, denn unsere Taten fließen entlang unseres Bewusstseins.

Die erste Karte fordert uns auf, uns mit dem alltäglichen Handwerkszeug der Magie vertraut zu machen: rufen, locken, beschwören, bannen, binden, lösen, besprechen, wandeln, rasseln, tanzen, summen, lachen und singen – Kommunikation in jeder Form! Es ist die Gabe, die es uns ermöglicht, die Geheimnisse der Elemente zu erkunden und die magischen Werkzeuge, die auf dem Tisch des Magiers liegen, klug zu nutzen. In der Gestalt von Hermes-Merkur verbinden sich Standfestigkeit, Klugheit, Geschicklichkeit und klares Wollen mit spielerischer Leichtigkeit, Freude an der Verwandlung und einer grenzenlosen Heiterkeit – und all diese Gaben stehen uns nun zur Verfügung.

Die auslösende Lebenssituation: Du stehst vor einer Herausforderung, die Erfolg verspricht. Doch der Wille allein reicht nicht, um sie zu bestehen. Dies ist eine Situation, in der ideenreiche Gestaltungskraft, lebenskluger Humor und eine klare Zielsetzung wichtig sind, um dich zu behaupten. Wenn du nicht genug Klarheit, Beherztheit und Heiterkeit besitzt, dich auf das zwielichtige Spiel des Magiers einzulassen, drohen am Ende Enttäuschung und Desillusionierung. Im beruflichen Bereich steht die Karte für das erfolgreiche Bestehen von Prüfungen, die Bewältigung von Herausforderungen, wirtschaftlichen Erfolg oder beruflichen Aufstieg. In deinen Beziehungen beschreibt sie die Erfahrung von Faszination und magischer Anziehung, aber auch eine Situation, in der es dir besonders schwer fallen mag, zwischen Schein und Wirklichkeit zu unterscheiden.

Die Wurzel des Problems: Die Ursache deines Problems liegt in deinen Gedanken, Worten und Taten. Das, was du gerufen hast, ist Wirklichkeit geworden. Das Schicksal, mit dem du konfrontiert bist, hast du selbst gestaltet. Sei dir darüber im Klaren, dass deine Gedankenmuster und die daraus resultierenden Handlungen das gegenwärtige Geschehen entscheidend beeinflussen. Möglicherweise bist du der Illusion verfallen, alles bewirken, alles beeinflussen zu können, und hast dabei völlig aus dem Auge verloren, dass Magie sich immer nur mit der Flussrichtung und den Strömungen des Lebens bewegen kann, nie dagegen. Wenn du etwas zu sehr willst, blockierst du den natürlichen Fluss der Dinge. Sobald du dich auf eine Sache versteifst und dich darauf fixierst, verlierst du die spielerische, entspannte Grundhaltung, die für jede Art der Magie unabdingbare Voraussetzung ist. Vielleicht hast du deine Fähigkeiten auch missbraucht, um andere zu blenden und zu manipulieren. Die Kehrseite des Magiers heißt Blendung.

Innere Haltung: Auf der inneren Ebene repräsentiert der Magier das Vertrauen in dein Können und dein Wissen. Du weißt genau, was du willst, und besitzt eine kraftvolle, lebenskluge Ausstrahlung. Durch deine Bereitschaft, all deine Energie auf die Verwirklichung deiner Visionen zu konzentrieren, bist du in der Lage, nachhaltig Einfluss auf das Geschehen zu nehmen. Du begegnest den Schwierigkeiten, die sich dir in den Weg stellen, mit wachem Verstand und spielerischer Leichtigkeit. Der Magier verweist auf einen gelassenen Glauben an deine Fähigkeiten und deine individuelle Einzigartigkeit, der dir den Mut gibt, offen auf andere zuzugehen und mit fröhlicher Bestimmtheit aufzutreten, ohne dich selbst zu ernst zu nehmen. Du ergreifst die Initiative und nimmst ganz gezielt Einfluss auf den Lauf der Ereignisse. Die spielerische Grundhaltung, mit der du Hürden und Hindernissen entgegentrittst, gepaart mit dem festen Glauben an deine eigene Kraft, hilft dir jetzt entscheidend weiter.

Das Geschenk: Dir bietet sich jetzt die kostbare Gelegenheit, ein tiefes Verständnis für die Zauberkunst des Alltags und die Geheimnisse der Sprache und der Kommunikation zu gewinnen. Dies ist eine gute Zeit, Verbündete zu gewinnen oder deine magischen Fähigkeiten zu schulen. Wenn du dich optimal nährst, erschließt du neue Kraftquellen, entfaltest deine Eigenmacht und erwirbst die Fähigkeit, dein Leben bewusst in die Hand zu nehmen und nach deinen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.

Optimale Nahrung: Nutze die Kraft der Magie beim Kochen. Rückhalt und Stärke sowie die notwendige Nahrung für deinen Körper und deine Seele findest du jetzt in den vier Elementen, in deinen magischen Werkzeugen und in allen Ritualen und Handlungen, die diese mit einbeziehen. Besonders nährend und heilsam ist es, wenn du mit den vier Elementen direkt in Kontakt trittst, z.B. indem du zu ihnen sprichst oder mit ihnen singst und dich darin übst, ihre Sprache zu verstehen. Humor und Lachen tun dir jetzt gut, sowie alle Spiele und Beschäftigungen, die den Zufall anerkennen. Auch die Kraft der Worte, Gespräche, Gesänge und Anrufungen nähren dich in besonderem Maße.

Heilende Lösung: Dies ist eine gute Zeit für Heilungszauber und Heilungsrituale, vor allem wenn du die vier Elemente oder die vier magischen Werkzeuge einbeziehst. Du kannst den Krankheitsverlauf jetzt in hohem Maße selbst beeinflussen. Dabei solltest du vor allem die Wirklichkeit hinterfragen, die du dir selbst mit deinem Denken und Fühlen gestaltest. Vertrau dir selbst und deiner eigenen Kraft. Warte nicht auf Hilfe von außen oder auf eine Fügung des Schicksals, sondern nimm dein Leben selbst in die Hand. Finde heraus, was du willst, und tu, was nötig ist, um deinen Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen. Nutze die heilende Kraft des Lachens.

Schlüsselworte: Außerordentliche Kraft • Einflussvermögen • Klarblick • Weitsicht • Gelassener Glaube an die eigenen Fähigkeiten • Die Energien richten sich auf einen Brennpunkt • Die Kraft der klaren Zielsetzung und die Fähigkeit, alles für möglich zu halten, als Grundlage der Magie • Aktive Meisterung einer Angelegenheit oder eines Themas • Das eigene Schicksal mitgestalten • Selbstverantwortung • Wille zur Gestaltung und Veränderung der Dinge • Wie oben, so unten • Die Verschmelzung von Bewusstem und Unbewusstem • Die Einheit hinter der Mannigfaltigkeit • Mit allen Elementen umgehen können • Handhabung der vier magischen Werkzeuge (Denken, Fühlen, Wollen, Handeln) • Zwischen den Welten wandern • Illusion und Verwandlung • Spielerische Weisheit • Leichtfüßige Kommunikation • Wache Lebensklugheit • Geschicklichkeit • Humor • Magnetische Persönlichkeit • Die Hexe • Der Zauberer

Die zweite Karte zeigt uns die Gestalt einer reifen Frau, die uns mit wachen, aufmerksamen Augen anblickt. Sie trägt eine kunstvoll geschmiedete Krone aus Silber, geschmückt mit Symbolen der drei Mondphasen. Ihr Haar ist unter einem weißen Schleier verborgen und ihre Kleidung ist die einer Priesterin. Ruhig, gelassen, unerschütterlich sitzt sie auf ihrem Thron und hält in den Händen ein Buch. Es ist, als würde sie schon seit Ewigkeiten dort sitzen, und vermutlich wird sie bleiben, bis die Welt vergeht. Ihr Blick ist aufmerksam, hellwach, ganz da. Sie tut nichts. Sie schaut. Sie sieht. Und sie weiß. In der Stille ihrer Seele scheint sie alle Geheimnisse des Universums zu hüten. Wer ist diese Frau, deren Blick bis auf den Grund unseres Seins vorzudringen scheint?

Die Hohepriesterin ist die Hüterin der weiblichen Weisheit und insofern eng verbunden mit der Göttin Sophia, die noch im frühen Christentum anstelle des Heiligen Geistes als weiblicher Aspekt Gottes verehrt wurde. Manche Deutungen bringen sie mit der jungfräulichen Göttin selbst in Verbindung. Ihre individuelle Persönlichkeit wird kaum sichtbar. Eingehüllt in das Gewand einer Priesterin, das Haar verborgen unter einem Schleier hat sie sich vollständig der Göttin geweiht, ist ganz und gar aufnahmebereit für ihre Botschaften und ihre Weisheit. Nicht umsonst liegt das Buch in ihrem Schoß. Sie ist bereit zu empfangen. Durch ihre vollkommene Offenheit wird sie zum Gefäß für eine Macht, die größer ist als sie. Die Weisheit, die ihr geschenkt wird, bewahrt sie in ihrem Herzen und hütet sie geduldig, bis die Zeit gekommen ist, sie zu offenbaren. Als Priesterin der Sophia beherrscht die Frau auf dem Thron auch die Gabe der Prophetie, der Weissagung und der Orakelkunst.

Der kostbare Silberschmuck auf ihrem Kopf zeigt uns, dass sie ihre Macht und ihre Weisheit ganz und gar durch die dreigesichtige Göttin empfängt. Und genau wie der Magier ist sie in allen drei Welten zuhause: der himmlischen, der irdischen und der Unterwelt. Verwoben mit dem weißen Schleier erinnert ihr Kopfschmuck an ein Ei, das Symbol der Fruchtbarkeit und des neuen Lebens, das im Schutz einer festen Schale heranreifen kann. Die Hohepriesterin ist es, die den göttlichen Funken schöpferischer Eingebung empfängt, schützt und nährt und ihn schließlich – wenn die Zeit gekommen ist – zur Welt bringt. Sie ist das Gefäß der Verwandlung. Durch sie wird der göttliche Geist irdische Wirklichkeit. Darum heißt es in den alten Mythen, dass kein Gott ohne den Geist der weiblichen Weisheit Macht auszuüben vermag.

Der Hohepriesterin geht es nicht darum, die Wirklichkeit zu gestalten oder zu verändern, sondern sie in ihrem tiefsten Inneren zu ergründen. Anders als der Magier greift sie in das Geschehen des Lebens nicht ein, sondern vermag den Ereignissen geduldig und gesammelt ihren Lauf zu lassen im Vertrauen darauf, dass sie einer natürlichen Ordnung folgen. Sie weiß um die natürlichen Zyklen des Lebens und kennt das Geheimnis der Polarität, das sich in der weißen und der schwarzen Säule widerspiegelt: Die Wahrheit der Göttin umfasst immer beide Seiten der Wirklichkeit, die helle und die dunkle. Tag und Nacht, Geburt und Tod, Trauer und Freude, Werden und Vergehen, Jugend und Alter, Mann und Frau, Ebbe und Flut – sie alle sind Spiegelbilder der einen Wirklichkeit. Sie alle sind untrennbar miteinander verbunden und das eine ist ohne das andere nicht denkbar. Die Hohepriesterin hält das Buch in ihrem Schoß mit beiden Händen. Sie nimmt die Weisheit der Göttin mit ihrem ganzen Wesen an.

Zwischen den beiden Säulen ist ein roter Schleier gespannt und auch die Säulen selbst werden von blauen Schleiern halb verhüllt. Das Geheimnis der Hohepriesterin liegt im Verborgenen, ist verschleiert und nicht einmal ihr selbst in vollem Umfang bewusst. Das Allerheiligste liegt förmlich hinter ihrem Rücken. Durch neugieriges Fragen, glasklare Erkenntnis und rationale Intelligenz ist es nicht zu enthüllen. Einzig und allein die tiefe innere Erfahrung versetzt uns in die Lage, den Schleier ein kleines Stück zu lüften und einen Blick auf das zu erhaschen, was dahinter verborgen liegt. In der Erfahrung von Menstruation, Empfängnis und Schwangerschaft hat jede Frau an diesem Geheimnis teil.

Die in Kaskaden herabfallenden blauen Schleier und das weit fließende Kleid der Hohepriesterin erinnern an das Element Wasser. Der rote Vorhang in ihrem Rücken erinnert an das fließende Blut. Während der Magier seine Kraft aus dem hellen Sonnenlicht schöpft, ist die Frau auf dem Thron eine Hüterin der Mondkraft: kühl, dunkel, unbeständig, sich verschleiernd, fließend, ständig sich wandelnd. Sie gilt als Verkörperung der Mondseele, als Luna Regia, Königin Mond. Somit ist die Hohepriesterin eng verbunden mit dem wässrigen Element, dem Wandelreich der Gefühle, dem Urgrund allen Lebens. Da sie ganz aus der göttlichen Weisheit und dem Frieden ihrer eigenen Seele schöpft, verkörpert sie vor allem Gefühle der Sanftmut: Geduld, Nachsicht, Güte und Vergebung. In den alten Legenden heißt es, dass Sophia drei Töchter hatte. Ihre Namen waren Glaube, Hoffnung und Barmherzigkeit.

Bei aller Sanftmut des Herzens ist die Hohepriesterin keine schwache, blutarme Gestalt. Als Jungfrau ist sie eine unverheiratete Frau, eine Frau, die nur sich selbst gehört. Wie die Gezeiten, so folgt auch der Rhythmus ihres weiblichen Menstruationsblutes dem Zyklus des Mondes. Jeden Monat erneuert sich ihre Lebenskraft, verwandelt sich ihre Weisheit und wächst ihre Macht. Sie weiß: Der Weg zum Allerheiligsten führt durch das Geheimnis des Blutes.

Die zweite Karte fordert uns auf, zur Ruhe zu kommen und zu lauschen – den Botschaften der Sterne, der Bäume, der Tiere oder der Stimme unseres eigenen Herzens. Indem wir uns den Geheimnissen des Lebens öffnen, können wir ein tieferes Verständnis der Göttlichen Weisheit erlangen. Wo immer diese Karte auftaucht, ist nicht die geeignete Zeit für rasches Handeln. Stattdessen sind Geduld, Langmut und Hingabe von uns gefordert – und die Gabe zu warten. Der rechte Zeitpunkt wird kommen, doch nur wenn wir geduldig darauf warten, können wir den Reichtum ernten, der für uns bereit liegt.

Die auslösende Lebenssituation: Dies ist eine Zeit der Stille und des Wartens, eine Phase, in der in deinem äußeren Leben nichts Aufregendes zu passieren scheint. Du bist aufgerufen, auf Zeichen zu achten und der Stille zu lauschen, um der tiefen Weisheit deiner eigenen Seele nachzuspüren. Ein wacher Geist und ein klarer Blick sind gefragt, wenn du deine Entscheidungen triffst. Die Qualitäten der Hohepriesterin – Intuition, Hingabe und Geduld – sind dir jetzt weitaus dienlicher als Zielstrebigkeit und Tatkraft. Möglicherweise hast du auch bereits eine Botschaft erhalten, die noch in dir nachklingt. In beruflicher Hinsicht kann die Karte für eine Tätigkeit in therapeutischen, helfenden oder spirituellen Berufen sein. In deinen Beziehungen steht sie einerseits für die Erfahrung tiefer Zuneigung, großer Nähe und Herzensverwandtschaft sowie Verständnis ohne Worte, andererseits auch für eine Zeit des Alleinseins in innigem Kontakt mit dir selbst.

Die Wurzel des Problems: Du hast zu lange gewartet und gezögert, hast den Impuls zu handeln immer wieder aufgeschoben. Die Kehrseite der zweiten Karte heißt Lethargie. Die Hohepriesterin weist dich darauf hin, geduldig zu warten, bis der Augenblick zum Handeln gekommen ist. Dann aber heißt es, die Gelegenheit zu nutzen. Die ruhige Gelassenheit der Priesterin darf dich nicht dazu verleiten, die Chancen, die sich dir bieten, ungenutzt verstreichen zu lassen. Deshalb warnt dich diese Karte auch davor, zu sehr auf Impulse von außen zu warten und die Verantwortung für dein Leben nicht selbst zu übernehmen.

Innere Haltung: Auf der inneren Ebene bedeutet die Hohepriesterin die tiefe Verbundenheit mit der Stimme der Göttin in deinem Leben. Der Kontakt zu deiner inneren Führerin ist jetzt besonders klar. Du bist empfänglich für die Botschaften eines Orakels oder die Zeichen der Natur. Hier findest du Antworten auf alle Fragen, die dein Herz bewegen. Du hast in besonderer Weise Zugang zu deiner Intuition, doch deine Fähigkeiten sind weitgehend ungeschützt, so dass du empfindsamer und verletzlicher bist als sonst. Gleichzeitig bist du eng verbunden mit den Gezeiten und Rhythmen des Lebens. Du wartest geduldig und voller Vertrauen in das Leben, bis die rechte Zeit gekommen ist, und öffnest dich für Impulse und Anregungen von außen. Den Menschen in deinem Leben begegnest du mit Liebe und Nachsicht. Während du im Alleinsein tiefe Zufriedenheit erlebst, bleibst du gleichzeitig offen für neue Begegnungen.

Das Geschenk: Die Hohepriesterin schenkt dir Geduld und die Weisheit deines eigenen Herzens. Jetzt bietet sich dir die Chance, in besonderer Weise in Kontakt mit deiner inneren Führerin zu kommen, die Kunst der Orakelbefragung zu erlernen und ein tiefes Vertrauen in den natürlichen Fluss des Lebens zu entwickeln. Wenn du dich selbst von ganzem Herzen nährst, wächst deine Intuition und mit ihr deine Fähigkeit, dich ganz der Göttin in die Hände zu geben.

Optimale Nahrung: Nährend sind jetzt alle Handlungen und Rituale, die dich mit dem Element Wasser und dem fließenden Menstruationsblut verbinden. Geh in die Dunkelheit und in die Stille, lausche nach innen und folge dem Rhythmus deines Atems. Die Begegnung mit dem Meer oder dem Nachthimmel und das bewusste Erleben der Mondphasen, sowie alle Bücher, die aus tiefer Weisheit schöpfen und dich direkt im Herzen berühren, sind jetzt eine wichtige Nahrung für deine Seele.

Heilende Lösung: Die Hohepriesterin als Heilungskarte empfiehlt dir, der Stimme deiner Intuition zu folgen, der Liebe und Weisheit der Göttin zu vertrauen und gelassen zu warten, bis der rechte Zeitpunkt für die Heilung gekommen ist. Heilung findest du jetzt, wenn du dich ganz und gar dem Fluss des Lebens überlässt. Meditation und Gebet können dir dabei helfen, ein tiefes Verständnis für die Geheimnisse deines Daseins zu entwickeln. Es ist auch eine gute Zeit, eine Helferin, Heilerin oder Seherin aufzusuchen. Die Hohepriesterin ist im Allgemeinen eine segensreiche Karte, die dir Trost und Heilung verspricht.

Schlüsselworte: Wache Aufmerksamkeit Empfänglichkeit Offenheit Blick in die Tiefe Intuitives Wissen Ahnungsvermögen Hellseherische Fähigkeiten Zusammenhänge erahnen Die Geheimnisse der Dunkelheit und der Nacht Botschaften aus dem Bereich des Unbewussten Zeichen in der Natur erkennen In der Wasserschale nach Visionen suchen Das Geheimnis der Polarität Natürliche Zyklen und Rhythmen Abwarten Den Dingen ihren natürlichen Lauf lassen Geduld Gelassenheit Vertrauen Tiefes Verständnis Nachsicht Güte Sanftheit Loslassen können Empfangen, aufnehmen und bergen Empfindsamkeit Verletzlichkeit Schutzbedürftigkeit Weibliche Weisheit (Sophia) Die Heilerin Die Seherin Die Prophetin

Die dritte Karte zeigt uns eine wunderschöne, schwangere Frau auf einem Thron, der inmitten einer üppigen, fruchtbaren Landschaft steht, ja, geradezu aus ihr herauszuwachsen scheint. Sie hält ein Zepter in ihrer linken Hand und ein Wappenschild mit einem Adler im rechten Arm. Ihr Kleid ist kostbar bestickt und ihre goldene Krone ist geschmückt mit funkelnden Sternen. Ihre ganze Haltung strahlt Macht, Liebe und Weisheit aus. Nicht umsonst, denn in der Gestalt der Kaiserin begegnet uns die Göttin selbst. Sie ist die Große Mutter, die Lebendige Schöpferin, die über Land und Meer regiert und allem Dasein Fruchtbarkeit verleiht. Das wogende Getreidefeld und die Früchte zu ihren Füßen sind ein Symbol ihrer nie versiegenden Schöpfungskraft. Auch die Linde und die Lilie gelten seit uralten Zeiten als ihre heiligen Pflanzen.

Die Kaiserin repräsentiert die Lebendigkeit, Fruchtbarkeit und Fülle der Natur, ebenso ihre Vielgestaltigkeit und Schönheit. Sie ist die Eine, die Alles ist: Große Gebärerin und Verschlingerin im Tode – die Mutter und Hüterin allen Lebens. Ihre Augen strahlen wie Sterne und ihr Gesicht ist voller Liebe. Doch ist sie nicht nur mild, gütig und sanft. Zu ihrer Weisheit gehört es, dass das Leben sich von Leben nährt und Zerstörung ein Teil des Schöpfungsgeschehens ist. In vielen Mythen gebiert sie einen Sohn, der später den Opfertod stirbt, durch die Unterwelt wandert und schließlich durch die Göttin, seine Mutter und Geliebte, wiedergeboren wird. So spendet sie Geburt und Tod, Werden und Vergehen, Lust und Schmerz, Freude und Leid in nie versiegender, unerschöpflicher Fülle. Die Alten verehrten sie unter unzähligen Namen: Sie war Isis, Ishtar, Inanna, Astarte, Aphrodite, Demeter, Venus, Juno, Freyja, Kybele, Kali, Lilith – die Eine mit den Tausend Namen.

Auf dem Bild trägt die Kaiserin ein goldenes Zepter, dessen Spitze in den Himmel ragt, während das untere Ende in ihrem Schoß ruht. Sie scheint die unsichtbare, befruchtende Energie des Himmels in sich aufzunehmen und in der Tiefe ihres Leibes in irdisches, sichtbares Leben zu verwandeln. Der Adler in ihrem Arm repräsentiert die umgekehrte Richtung: Er steht für die aufsteigende Energie, die sich nach der Verwandlung von der Erde löst und wieder dem Himmel zustrebt. Auch der goldene Thron, auf dem die Kaiserin sitzt, besitzt die Form eines Flügelpaars. Die Kaiserin verbindet Himmel und Erde, Form und Formlosigkeit, die kreative Gestaltungskraft des Magiers und die Hingabe und Empfänglichkeit der Hohepriesterin. Die Art, wie sie das Wappenschild schützend im Arm hält, zeigt uns, dass diese Verbindung und Vereinigung durch die Liebe geschieht. Ihre Macht kommt von innen, aus der Tiefe ihres Herzens. Allein die Liebe vermag Gegensätze so zu verbinden, dass etwas völlig Neues geboren werden kann.

Das Wirkungsfeld der Kaiserin ist der Alltag, das Leben in der Welt. Sie ruft neues Leben ins Dasein, nährt es mit ihrer Liebe, hegt und pflegt es und begleitet geduldig sein Wachstum. Und sie ist auch diejenige, die das, was sie geboren hat, wieder in die Formlosigkeit zurückruft, wenn seine Zeit gekommen ist. Im Vordergrund steht jedoch auf dieser Karte das kreative Element. Die Geburt eines Kindes, das Anlegen eines Gartens, die Gestaltung eines warmen, nährenden Heimes, sowie alle Arten des künstlerischen Schaffens und der geistigen Inspiration sind ihre Domänen.

Sie ist die Mutter Erde selbst, die uns das Leben in einem irdischen Körper schenkt und uns lehrt, es mit allen Sinnen auszukosten. Ihr spiritueller Weg ist das Leben im Hier und Jetzt, in der Welt der Vielfalt. Ihre Kunst ist das schöpferische Tun: die Fähigkeit, unsere Wirklichkeit immer wieder neu zu erfinden. Die Kaiserin sieht, was ist, sie nimmt es bewusst an und erkennt die Grenzen und Möglichkeiten, die darin enthalten sind. Und gleichzeitig gestaltet sie es nach ihren Wünschen und folgt dabei ganz ihrer intuitiven Eingebung. Schließlich kommt der Zeitpunkt, wo sie das, was sie geschaffen, gepflanzt und gestaltet hat, wieder dem Fluss des Lebens anvertraut, mit dem es nach seinen eigenen Gesetzen wächst und sich weiterentwickelt. So, im ständigen Wechsel von Gestalten und Geschehenlassen, erschafft sie die Welt. Im Gegensatz zum Magier, der mit Illusionen spielt und Wirklichkeit aus dem Chaos ruft, nutzt die Kaiserin das, was da ist. Und im Gegensatz zur Hohepriesterin, die das Wesen der Dinge zwar erkennt, aber nicht verändert, greift die Kaiserin gestaltend und verwandelnd in die Wirklichkeit ein.

Dabei geht es ihr nicht nur um Heim und Familie oder die Früchte der Erde, wenngleich diese ihr besonders heilig sind. Der Adler, den sie so liebevoll umarmt, und ihre Sternenkrone zeigen, dass sie nicht nur die Mutter der Erde, sondern auch die Königin des Himmels ist. Sie fasst alle Kräfte des Lebens zu einer Einheit zusammen, überbrückt den Abgrund zwischen den Welten und lässt auf diese Weise die Funken der Inspiration sinnliche, greifbare Wirklichkeit werden. Wo immer wir also kreative Visionen und Ideen ins Leben rufen, ihnen Form und Gestalt geben und sie in der irdischen Welt sichtbar werden lassen, ist sie unsere Beschützerin und Begleiterin.

Während die Hohepriesterin eher als Hüterin von Geheimnissen auftritt, begegnet uns die Kaiserin ganz offen. Sie sitzt mitten in der Natur, mitten in der Welt. Auf dem Bild scheint sie fast mit der sie umgebenden Natur verwachsen zu sein, ganz und gar eingehüllt in deren üppige Schönheit und Fülle. Auch ihr Haar ist nicht von einem Schleier bedeckt, sondern fällt ihr frei über die Schultern. Doch beide, die Hohepriesterin und die Kaiserin, sind eng miteinander verbunden. Manche Interpretationen sehen in den beiden Karten ein Abbild der Allmutter Demeter und ihrer Tochter Kore, welche die jungfräuliche Weisheit und das heilige Herz der Mutter verkörpert. Die Göttin ist immer beides: sowohl jungfräulich, spirituell und umgeben von Geheimnissen, als auch sinnlich, sexuell und fruchtbar. In jeder Frau sind diese beiden Seiten der Weiblichkeit zu finden, unabhängig davon, auf welche Weise sie sich entscheidet, ihnen Ausdruck zu verleihen.

Die auslösende Lebenssituation: Dies ist eine außerordentlich schöpferische Phase, in der du deine Visionen und Ideen mit großem Selbstvertrauen, Lebendigkeit und Zuversicht in die Welt hineinträgst. Die gegenwärtige Situation erfordert die Fähigkeit, scheinbar widersprüchliche Bestrebungen auf kreative Weise zu verbinden und dadurch neue, überraschende Lösungen für alte Probleme zu finden. Dies kann dir gerade im beruflichen Bereich sehr zugute kommen. In deinen Beziehungen zeigt die Karte Veränderungen und den Anbruch eines erdverbundenen Lebensabschnitts an. Das kann Heirat, intensive Auseinandersetzung mit einem Kinderwunsch, Schwan­gerschaft oder die Geburt eines Kindes bedeuten, aber auch eine Zeit, in der du sesshaft wirst, dir ein Zuhause schaffst oder deinen Körper und seine sinnliche Lust besonders genießt.

Die Wurzel des Problems: Die Kehrseite der dritten Karte ist die erstickenden Fürsorge. Aus lauter Sorge, die Kontrolle über das Geschehen zu verlieren, hältst du an etwas fest, das selbständig weiter wachsen möchte. Du musst in der Lage sein, die Kinder, die du geboren hast, und die Visionen, denen du Gestalt gegeben hast, irgendwann in die Welt zu entlassen – auch auf die Gefahr hin, dass sie sich anders entwickeln, als du es dir erhofft hast. Zuviel Fürsorge beengt und erstickt letztlich das, was du beleben wolltest. Wahre Lebendigkeit braucht den Tod, das Loslassen, um sich entfalten zu können. Die Kehrseite der Kaiserin kann auch einen unerfüllten Kinderwunsch, unterdrückte Kreativität oder die unerfüllte, starke Sehnsucht nach einem Zuhause bedeuten.

Innere Haltung: Gerade für Frauen ist diese Karte ein überaus günstiges Omen, da sie dir in besonderem Maße den Zugang zu deinen innersten Kraftquellen ermöglicht. Deine Beziehung zur Mutter Erde, deinem Körper und den elementaren Zyklen des Werdens, Wachsens und Vergehens ist stark. Du bist in der Lage, ganz im Hier und Jetzt zu leben und dich mit den irdischen Gegebenheiten, so wie sie sind, im Innersten zu verbinden und dich wohl zu fühlen. Indem du dich ganz auf die Gegenwart einlässt, die tätigen und die empfänglichen Kräfte in dir verbindest und die ständig sich wandelnden Geschenke des Augenblicks annimmst, kann etwas völlig Neues in deinem Leben entstehen. Dies ist eine außerordentlich schöpferische Phase, eine gute Zeit, dein Leben im alltäglichen Handeln kreativ zu gestalten.

Das Geschenk: Die Kaiserin steht für das Geschenk einer schöpferischen Lebensgestaltung. Deine Situation enthält den Keim für die Verwirklichung bedeutsamer Visionen. Du musst nur die Augen öffnen und sehen, was da ist, um es nutzen und verwandeln zu können. Jetzt bietet sich dir in besonderem Maße die Chance, die empfänglichen und die handelnden Seiten deiner Seele zu verbinden und damit etwas völlig Neues zu schaffen. Ein weiteres Potential dieser Karte ist die tiefe Verbundenheit mit der Erde und deinem Körper.

Optimale Nahrung: Jetzt ist es an der Zeit, die heilende und nährende Kraft von Mutter Erde zu nutzen. Ernährung ist hier ganz konkret zu verstehen. Naturbelassene Lebensmittel, Heil- und Wildkräuter und ein bewusster, achtsamer Umgang mit deiner Nahrung sind jetzt ganz besonders wichtig. Dein Körper braucht liebevolle Fürsorge, ausreichend Bewegung, frische Luft und einen gesunden Wechsel von Aktivität und Ruhephasen. Aber auch alle Formen von kreativem Tun – Modellieren, Malen und Gestalten – sind jetzt Nahrung für deine Seele.

Heilende Lösung: Die Kaiserin als Heilungskarte rät dir, Verfahren der Naturheilkunde, der Kreativtherapie und der Körperpsychotherapie zu nutzen. Ihre Botschaft lautet, etwas Neues in deinem Leben entstehen zu lassen. Die Verbundenheit mit der Natur und mit den Quellen deiner Kreativität ist jetzt besonders heilsam für dich. Das bedeutet jedoch mehr, als nur im Freien spazieren zu gehen. Die Kaiserin lehrt dich, dass du nur in dem Maße heil werden kannst, in dem du auch zum Heil-Sein der Gemeinschaft und der Erde beiträgst.

Schlüsselworte: Fruchtbarkeit • Wachstum • Kreativität • Schöpferische Kraft • Etwas Neues schaffen und es gedeihen lassen • Mütterliche Energie • Die Gaben der Natur • Erdverbundenheit • Harmonie mit der Natur • Geborgenheit im Kreislauf des Lebens • Versorgen und umsorgen • Üppige Fülle • Die unerschöpfliche Kraft der Erde, die immer neues Leben hervorbringt • Die Welt des irdischen, physischen Körpers • Wertschätzung des eigenen Körpers, der Sinne und der irdischen Freuden des Alltags • Säen, pflanzen, hegen, pflegen und ernten • Geburt des Neuen • Sinnlichkeit und Leidenschaft • Emotionalität • Lebendigkeit • Stabilität und Wandel • Reichtum an Ideen und Empfindungen

Die vierte Karte zeigt uns einen majestätischen Regenten auf seinem Thron. Auf dem Kopf trägt er einen Feldhelm mit einer Krone, zu seinen Füßen lehnt sein Wappenschild mit dem Adler und in seinen Händen hält er die Insignien des rechtmäßigen Herrschers: Zepter und Reichsapfel. Das dreizackige Zepter (die  „fleur-de-lis“) in seiner rechten Hand ist ein Symbol seiner phallischen, lebensspendenden Kraft. Der Reichsapfel in seiner linken ist das Zeichen der Erde und repräsentiert die enge Verbundenheit des Kaisers mit der Macht der Göttin. Er sitzt mit entspannt gekreuzten Beinen auf seinem Thron und zeigt uns sein linkes Profil, also seine gefühlsbetonte, empfängliche Seite. Ganz offensichtlich ist er ein friedvoller Herrscher, denn er trägt keine Rüstung und kein Schwert, und sein Schild dient nicht zum Schutz, sondern als Zeichen seiner Beziehung zur Göttin. Der Helm, den er trägt, und die Stärke seiner rechten Hand im Vergleich zur linken zeigen uns jedoch, dass ihm sein Rang und seine Position nicht in den Schoß gefallen sind. Er hat sie unter großen Anstrengungen und zähem Ringen erworben.

Der Mann, den wir auf dieser Karte sehen, ist der Jahreskönig der alten matriarchalen Kulturen. Die Priesterkönigin und Repräsentantin der Göttin erwählte ihn für die Dauer eines Jahres als Gefährten und rituellen Vertreter der Menschenwelt. Seine Aufgabe war es, sich als Stellvertreter der Menschen in Übereinstimmung mit den Gesetzmäßigkeiten des Lebens zu bringen und auf diese Weise für Ordnung und Gerechtigkeit zu sorgen. Um dies zu gewährleisten, vollzog er mit der Königin die alten Rituale der Heiligen Hochzeit und des rituellen Opfers. Nur die mutigsten und tapfersten Männer, die sich durch ein hohes Verantwortungsbewusstsein auszeichneten, wurden für diese schwierige und ehrenvolle Aufgabe ausgewählt. Um sich zu beweisen, mussten sie Initiationsaufgaben lösen und sich in Wettkämpfen bewähren. Und sie mussten bereit sein, am Ende des Jahres den Verlust ihrer Macht, mitunter sogar den Tod zu ertragen. Dadurch bezeugte der König seine enge Verbundenheit mit den ewigen Zyklen des Lebens.

Die Beine des Herrschers sind so gekreuzt, dass sie das Zeichen Jupiters oder auch die Zahl Vier darstellen. Die Vier ist die Zahl der sichtbaren, irdischen Welt. Durch sie treten alle Dinge in Erscheinung. So ist sie ein Symbol der Entstehung der Materie durch Verstofflichung des Geistes und die fortwährende Verwandlung von Ideen in Wirklichkeit. Sie steht auch für die abgeschlossene materielle Schöpfung, für Ordnung und Überschaubarkeit. Die vier Himmelsrichtungen ordnen den Raum; die vier Tageszeiten, die vier Jahreszeiten und die vier Phasen des Mondes teilen die Zeit ein. Dem Herrscher kommt die Aufgabe zu, diese Ordnungsprinzipien zu nutzen, um sein Volk zur Blüte zu führen. Er vertritt die weltliche, menschliche Ordnung, die Wachstum und Stabilität ermöglicht. Doch genau wie die irdische Welt ist auch diese Ordnung vergänglich und gilt jeweils nur zu einer gewissen Zeit und an einem bestimmten Ort. Nur wenn der Jahreskönig sich dieser Tatsache bewusst bleibt, kann er seine Aufgabe erfüllen. Seine Haltung zeigt uns, dass er diese Grundwahrheit nicht nur mit dem Verstand begreift, sondern die daraus erwachsende Verantwortung mit seinem ganzen Sein, mit Körper, Geist und Seele annimmt.

Wir sehen auf der Karte, dass das Königreich dieses Herrschers kulturell in hoher Blüte steht. Seine helmförmige Krone ist elegant geschwungen, sein Thron und sein Schild sind fein ziseliert. Der Kaiser ist es, der das kreative Chaos der Kaiserin ordnet, umzäunt, erforscht, einteilt, verfeinert und weiterentwickelt. Darin liegt jedoch auch eine Gefahr. Gerade in unserer heutigen, patriarchalen Gesellschaft ist das Risiko hoch, dass die Kräfte des Kaisers entarten und jene Macht, die aus der Verbundenheit mit dem Urgrund des Lebens erwächst, sich in hierarchische Macht, also Macht über die Erde und die Wesen, die darauf leben, verwandelt. Wenn Geist und Körper nicht mehr als Einheit betrachtet werden, entstehen nur allzu leicht Gedankengebäude, welche die männliche Herrschaft des Geistes über die Natur propagieren. Dann führt der Entdeckergeist des Kaisers zur Ausbeutung des irdischen Lebens und seine Aufgabe, zu ordnen, zu analysieren und zu schützen, führt zur Entfremdung von der Natur. Der Herrscher betrachtet dann die Welt, die ihn umgibt, nur noch als Objekt und sieht sich selbst nicht mehr als Teil des Ganzen.

Der Kaiser des Tarot zeigt uns diese Gefahr und zugleich den Ausweg, ihr nicht zu erliegen. Obwohl er sein Reich in eigener Verantwortung regiert, bleibt er eng verbunden mit der Kaiserin, denn er schaut zu ihr zurück. Auch sein Wappenschild verbindet ihn aufs innigste mit der Göttin. Die beiden Vögel sehen sich nicht nur gegenseitig an, sondern der Vogel des Kaisers ist auch so gezeichnet, dass seine Flügel die Form des Thrones der Kaiserin wiederholen. Die Kaiserin und der Kaiser sind ein Paar. Beider Zepter zeigt den Reichsapfel, der die harmonische Vereinigung der irdischen mit der geistigen Welt symbolisiert. Die enge Verbundenheit des Jahreskö­nigs mit der Priesterkönigin/Göttin verspricht den Fortbestand, das Wachstum und die Fülle des Lebens. Nur wenn beide zusammen wirken, kann das Land blühen und gedeihen.

Vom Kaiser können wir lernen, uns den Herausforderungen des Lebens mutig zu stellen, unsere irdischen Angelegenheiten zu ordnen, uns den Gesetzmäßigkeiten von Raum und Zeit zu fügen und unserem Dasein ein stabiles und geschütztes Fundament zu verleihen. Kreative Visionen, wie sie im Garten der Kaiserin geboren werden, brauchen eine klare, verlässliche Basis, um sich konkretisieren und entfalten zu können, und wir müssen mit unermüdlicher Beharrlichkeit an ihrer Verwirklichung arbeiten. Insofern gewährleistet der Jahreskönig jene Bedingungen, die nötig sind, damit die immerwährende Schöpferkraft der Großen Mutter zu voller Blüte gelangen kann.

Die auslösende Lebenssituation: Du bist aufgerufen, dich mit den Normen, Gesetzen und Rahmenbedingungen deines Lebens auseinander zu setzen. Jetzt ist es an der Zeit, Struktur in das Chaos zu bringen und deine Angelegenheiten zu ordnen. Du bist aufgefordert, deine Wünsche zu verwirklichen, deine Pläne in die Tat umzusetzen und in der Welt etwas zu schaffen, das Bestand hat. Beruflich steht die Karte für eine Zeit, in der du dich an klaren Vorgaben orientieren und festen Strukturen folgen musst. Du gehst jetzt besonders realistisch und pragmatisch vor, entwickelst klare Konzepte und übernimmst Verantwortung für dein Tun. Dadurch kannst du auch deine berufliche Machtposition und deine Stellung in der Gesellschaft festigen. In deinen Beziehungen deutet der Kaiser auf eine Phase der Verlässlichkeit und Stabilität hin. Du bemühst dich um ein festes Fundament für deine Beziehungen, triffst klare Vereinbarungen und arbeitest hart an der Verwirklichung deiner Wünsche. Wenn du alleine lebst, klären und verdeutlichen sich vielleicht deine Erwartungen an eine Beziehung.

Die Wurzel des Problems: Die Ursache für deine Schwierigkeiten sind deine allzu strengen, allzu perfektionistischen Überzeugungen, die du dir schon früh im Leben angeeignet hast. Du gehst hart mit dir ins Gericht. Leistung, Disziplin und Anerkennung sind deine Drogen, doch stehen diese deiner lebendigen Kreativität im Wege. Die Kehrseite der vierten Karte ist die unterdrückende Kontrolle. Vielleicht siehst du dich einer starren Reglementierung und Unterdrückung ausgesetzt, oder du selbst bist es, die derart strikte Vorgaben macht und andere unter Druck setzt. Die Entartung des Patriarchats, die Macht über etwas an die Stelle der Macht von innen zu setzen, ist das dunkle Gesicht des Kaisers, denn wenn er seine enge Verbindung zur Göttin und Mutter Erde verliert, wird er zum grausamen Despoten.

Innere Haltung: Du siehst die Dinge eher nüchtern, orientierst dich an Tatsachen, an konkreten Erfahrungen und an dem, was tatsächlich machbar ist. Mehr denn je bist du in der Lage, deine Angelegenheiten zu ordnen und ihnen ein festes Fundament zu geben. Gleichzeitig hast du ein großes Bedürfnis nach Ordnung, klaren Strukturen, Verlässlichkeit, Beständigkeit und eindeutigen Absprachen. Du bist in der Lage, deinen Standpunkt klar zu vertreten und in Übereinstimmung damit mutig und tatkräftig zu handeln. Die Karte kann auch für eine intensive Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen von Macht stehen. Vielleicht leidest du unter den Strukturen des Patriarchats und bist auf der Suche nach lebenswerten Alternativen.

Das Geschenk: Der Kaiser lehrt dich, Verantwortung für dein Leben zu übernehmen. Dies setzt voraus, dass du deinen Anteil an deiner gegenwärtigen Situation erkennst. Es beinhaltet aber auch, den Einfluss bestehender Strukturen zu erkennen und dich Schritt für Schritt daraus zu lösen. Das gelingt nicht, indem du dich in Anklagen und Schuldzuweisungen verlierst, sondern nur indem du der Realität ins Auge siehst und dich mutig den Herausforderungen stellst, die auf dich warten mögen. Gelingt dir dies, wartet die Erfahrung der „Macht von innen“ auf dich, also die Entdeckung, dass du etwas bewirken und dein Leben selbst nach deinen Wünschen und Vorstellungen gestalten kannst.

Optimale Nahrung: Ordnung ist jetzt eine wichtige Nahrung für dich. Dies ist die richtige Zeit, um einmal radikal aufzuräumen, alles zu erledigen, was liegen geblieben ist, und auch deine Zeiteinteilung neu zu organisieren. Umgib dich mit klaren Mustern und Strukturen, z.B. Mandalabildern oder geometrischen Mustern. Auch Felsen, Berge und Steine sind jetzt wichtige Verbündete für dich. Achte auf eine mineralstoffreiche Nahrung und eine disziplinierte Lebensführung, die genug Raum für körperliche Betätigung lässt.

Heilende Lösung: Entschlossenheit, Beharrlichkeit und Disziplin sind jetzt gefragt. Überlege gut, wem du dich anvertraust, aber wenn du deine Wahl getroffen hast, ist es notwendig, dass du dich an klare Absprachen und ärztliche oder therapeutische Verordnungen hältst. Heilsam ist es, wenn du die Normen und Gebote, an denen du dich orientierst, genau hinterfragst. Dienen sie dem Leben oder lähmen sie dich und engen dich ein? Nur da, wo Struktur Raum für Wachstum schafft oder es uns ermöglicht, uns auf das Wesentliche zu besinnen, bleibt sie im Kern lebendig. Finde heraus, an welchen Normen und Moralvorstellungen du dich orientieren willst. Bringe Ordnung in dein Leben und schaffe klare Verhältnisse.

Schlüsselworte: Irdische Ordnung • Aufräumen • Die eigenen Angelegenheiten regeln • Klare Verhältnisse schaffen • Systematische Zeiteinteilung • Erledigen, was liegen geblieben ist • Nüchternes, pragmatisches Vorgehen • Einen klaren Standpunkt vertreten • Mutiges, effektives und tatkräftiges Handeln • Weltliche Macht • Verlässlichkeit • Formulierung von Idealen und Moralvorstellungen • Verantwortung tragen • Lebensfähigkeit • Die vorgefundenen Bedingungen nutzen • Sehnsucht nach Sicherheit, Stabilität und Kontinuität • Festigung einer Machtposition • Autorität, Ehrgeiz und Disziplin • Klare Strukturen und Konzepte • Den Fortbestand des Erreichten sichern • Die Säulen von Zeit und Raum • Gesetze und Regelwerk • Soziale Normen • Gesellschaftliche Stellung

Die fünfte Karte zeigt uns einen alten, bärtigen Mann auf einem Thron, der den dreistufigen Hut eines Schamanen trägt. Der Stab in seiner linken Hand wiederholt die Dreiform seiner Haube. Seine Rechte ist zu einer Segensgeste erhoben. Vermutlich gilt sie den beiden Menschen/Männern, die im Vordergrund des Bildes rechts und links zu seinen Füßen sitzen und uns den Rücken zuwenden. Während bislang alle Karten, die wir betrachtet haben, nur eine Figur zeigten, begegnet uns in dieser Darstellung mit den beiden zusätzlichen Gestalten etwas Neues. Der Hierophant thront als zentrale Figur in der Mitte und wird von den beiden Personen im Vordergrund und den beiden aufrechten Säulen hinter ihm eingerahmt. Damit wiederholt sich die Fünfzahl der Karte auch in der bildlichen Darstellung.

Im traditionellen Tarot wird die Figur auf dem Bild oft als ‚Der Papst‘ bezeichnet. Doch ihre Wurzeln reichen zeitlich viel weiter zurück. Andere Namen dieser Karte wie etwa ‚Der Hohepriester‘ oder ‚Der Hierophant‘ verweisen eher auf vorchristliche Mysterienspiele zu Ehren der Göttin Demeter. Wollen wir die fünfte Karte ganz verstehen, müssen wir uns mit der Tradition mündlicher Überlieferung in matriarchalen Kulturen vertraut machen. Dort übernahmen ausgewählte Mitglieder der Gemeinschaft die Aufgabe, die gesamte kulturelle Überlieferung ihres Volkes – die Ursprungsmythen und Legenden, die Sagen der Kulturentstehung und der wichtigen geschichtlichen Ereignisse, die heiligen Gesänge und rituellen Formen – auswendig zu lernen und bei den verschiedenen Feierlichkeiten jenen Teil der Überlieferung zu erzählen, zu singen oder zu gestalten, der dem Thema des jeweiligen Festes entsprach. Das gehörte zum Amt der Priesterinnen und Schamanen.

Auf der fünften Etappe unserer Reise durch das Tarot begegnet uns solch ein Überlieferer der spirituellen Tradition. Er ist Medizinmann und Schamane, Hüter der alten Gesänge und Rituale, Sternenkundiger und Mittler zwischen den Welten – eine Verkörperung des menschlichen Strebens nach Rückverbindung (re-ligio) mit der Göttin und den Ahninnen und damit der Einbettung des Lebens in einen größeren Zusammenhang. In den alten Sagen um König Artus und die heilige Insel Avalon begegnet er uns als der Merlin. Während die Hohepriesterin die verborgene Weisheit im Inneren der menschlichen Seele hütet, gibt der Hierophant diese Geheimnisse – gekleidet in Glaubensgrundsätze, rituelle Handlungen und heilige Zeremonien – an andere Menschen weiter. Er ist von daher der Vertreter des formalen Aspekts jeder spirituellen und religiösen Tradition.

Der Hierophant weiß, wie wichtig es ist, für spirituelle Wahrheiten die passende Ausdrucksform zu finden. Denn jede Form, jedes Ritual trägt eine bestimmte Kraft in sich und entfaltet eine ureigene Wirkung. Diese Wirkung erreicht auch jene Menschen, die sich mit den dahinter liegenden Geheimnissen nicht vertraut gemacht haben. Ob Mandalas, Geomantie oder Ritualkunst – der Hohepriester ist bemüht, die innere Wahrheit in einer Weise abzubilden, die ganz unmittelbar die Seele berührt. Auf diese Weise vermittelt er uns ein tieferes Verständnis für die verborgenen Dinge und den umfassenden Sinn unseres Daseins. Dabei stellt er sich ganz und gar in den Dienst der Göttin und der Menschen.

Das religiöse Streben der Menschen zielt darauf hin, Gegensätze zu vereinigen. Dies wird in der Gestalt des Hohepriesters sichtbar, denn sein wallender Bart und seine weit schwingenden Gewänder kontrastieren die strenge Formgebung des Throns und der beiden Säulen im Hintergrund. Er ist ein Vermittler zwischen der Notwendigkeit ritueller Formen, symbolisiert durch die Säulen, und den lebendigen, sich ständig wandelnden Bedürfnissen und Gefühlen der Menschen vor ihm. Wo immer wir uns unsicher fühlen und noch nicht gelernt haben, unserer Intuition zu vertrauen, weist er uns den Weg und bietet uns den Halt, den spirituelle Traditionen mit ihren überlieferten Ritualen und Einweihungszeremonien geben.

Darin liegt jedoch auch eine Gefahr, sichtbar gemacht durch die unterschiedlichen Größenverhältnisse der Personen auf diesem Bild. Im Vergleich zum Hohepriester wirken die beiden Gestalten zu seinen Füßen geradezu winzig. Ähnlich wie beim Kaiser sind auch beim Hohepriester die Risiken der patriarchalen Entartung groß, wie die hierarchische Systeme der großen Weltreligionen und insbesondere das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit zeigen. Sobald der Hierophant nicht mehr im Dienste der Gemeinschaft und aus der natürlichen Autorität seiner in langen Jahren erworbenen Erkenntnis und Erfahrung heraus handelt, sondern sich im Glauben der eigenen Unfehlbarkeit über die Menschen erhebt, entartet seine spirituelle Kraft zu hierarchischer Macht. Dann vermag er Ratsuchende nicht mehr zu stärken und darin zu unterstützen, ihre ureigenen Kraftquellen zu erschließen, sondern hält sie in einem Zustand der Unmündigkeit und spirituellen Abhängigkeit.

Wir können jedoch davon ausgehen, dass der Hohepriester auf unserer Darstellung sich dieser Gefahr bewusst ist und sich hütet, ihr zu erliegen. Seine segnende Geste lässt zwei ausgestreckte Finger erkennen. Er weiß um Polarität des Daseins und versteht, dass die Wahrheit viele Gesichter hat. Dies schützt ihn davor, die eine, allein selig machende Wahrheit zu beanspruchen. Die drei übrigen Finger, die er verborgen hält, verweisen auf das Geheimnis der Dreifaltigen Göttin, das nicht offen verkündet, sondern nur im Vollzug der heiligen Rituale ganz unmittelbar erfahren werden kann. Seine dreischichtige Kopfbedeckung ähnelt jener der Hohepriesterin und ist ebenso wie das dreifache Kreuz seines Stabes ein Hinweis darauf, dass der Hohepriester alle drei Welten bewohnt. Er hält seinen Stab in der linken Hand; seine Autorität fließt eher aus dem Herzen als aus seiner Willenskraft. Die Hand, die den Stab hält, steckt in einem Handschuh. Dies mag ein Hinweis darauf sein, dass er eine Aufgabe innerhalb der Gemeinschaft erfüllt und es nicht um seine Persönlichkeit geht. Nur innerhalb seiner Funktion zeigt seine Autorität Wirkung.

Die beiden Personen vor ihm wenden uns ihren Rücken zu. Sie sehen den Herausforderungen des Lebens nicht direkt ins Gesicht, sondern ersuchen den Hohepriester um Rat und Führung. Im Gegensatz zu seiner ehrwürdigen Gestalt wirken die beiden fast wie Kinder. Nahezu identisch gekleidet und in ähnlicher Haltung besitzen sie keine eigene Individualität, sondern sind Teil einer größeren Einheit. Vielleicht kommen sie im Auftrag ihrer Sippe, um ihm ein schwieriges Anliegen zu unterbreiten. Obwohl der Hierophant deutlich größer gezeichnet ist als die beiden Ratsuchenden, tritt er doch mit ihnen in Beziehung und kommuniziert mit ihnen. Dieser Austausch macht eine Entwicklung möglich.

Die Zahl des Hohepriesters ist die Fünf. Die Zahl Fünf steht symbolisch für die Quintessenz, den Mittelpunkt und Kern allen Daseins, die letzte große Wirklichkeit, die über die Kraft der vier Elemente noch hinaus führt und diese in sich vereint (4 + 1 = 5). Sie ergänzt die drei Gesichter der Göttin durch die Gegensätze der menschlichen Erfahrung (3 + 2 = 5). In der Gestalt des aufrecht stehenden Pentagramms gilt die Fünf auch als ein Symbol des Menschen, dessen Kopf und Glieder die fünf Spitzen des Sterns festlegen.

In der Auseinandersetzung mit dem Hierophant können wir lernen, uns der Weisheit eines spirituellen Lehrers oder einer Lehrerin anzuvertrauen. Die Qualität, die wir auf diesem Schritt unseres Weges entwickeln, ist die der inneren Glaubensgewissheit, die auf dem Vertrauen in eine höhere Weisheit und nicht auf nachprüfbarer Erfahrung beruht. In der Begegnung mit dem Hierophanten lernen wir auch, wie und auf welche Weise wir uns mit Hilfe von Ritualen und Zeremonien in Über­einstimmung mit den kosmischen Abläufen bringen können. Dadurch erlangen wir Verständnis für den Sinn des irdischen Lebens und öffnen uns dem Geheimnis unseres Daseins.

Der Hohepriester repräsentiert jene Seite in uns selbst, die unser spirituelles Wohlergehen nährt, das tiefverwurzelte Gewissen, das uns kundtut, ob wir redlich und aufrichtig handeln und uns in Übereinstimmung mit uns selbst und den Gesetzen der Natur befinden. Diese Stimme kann so weise und zuverlässig sein, dass sie nahezu unfehlbar ist. Aber in ihrer Entartung kann sie uns auch in Ketten schlagen, wie wir auf einer späteren Karte sehen werden. Sobald die Stimme unseres inneren Hohepriester anfängt, uns selbst, die Welt im allgemeinen und bestimmte Personen im besonderen zu verurteilen, sollten wir sehr wachsam sein.

Die auslösende Lebenssituation: Du befindest dich in einer Lebensphase, in der du nach deiner wahren Bestimmung und Berufung suchst. Vielleicht musst du auch prüfen, inwieweit deine Handlungen – beruflich oder privat – sich mit deinem Gewissen vereinbaren lassen. In deinen Beziehungen kündigt der Hierophant eine Phase wachsenden Vertrauens und tiefer Zuneigung an, in der du die tiefere Bedeutung und Bestimmung deiner Verbindung erkennst. Wenn du allein lebst, zeigt die Karte, dass du dich jetzt dafür öffnest, einem Menschen zu begegnen, der die Tiefen deiner Seele berührt.

Die Wurzel des Problems: Du klammerst dich allzu sehr an moralische, ethische und spirituelle Normen, orientierst dich zu sehr an geistigen Führern, Gurus und spirituellen Autoritäten, anstatt deiner ureigenen Wahrheit Ausdruck zu verleihen. Die Kehrseite der fünften Karte ist der fanatische Dogmatismus, der immer dann zum Vorschein kommt, wenn die lebendige Weisheit in starren Strukturen erstarrt. Das große Risiko bei der Begegnung mit dem Hohepriester liegt darin, dich blind den Lehren eines anderen Menschen anzuvertrauen, weil du Angst haben, Verantwortung für dein eigenes Leben zu übernehmen. Insofern ist die Begegnung mit dem spirituellen Lehrer oder der spirituellen Lehrerin ein wichtiger Abschnitt auf deinem Weg, aber du darfst dort nicht hängen bleiben. Nicht umsonst fordern die nachfolgenden Karten der Großen Arkana dich auf, eigene Entscheidungen zu treffen und selbst für dein Denken, Fühlen und Handeln einzustehen.

Innere Haltung: Du setzt dich in besonderem Maße mit Glaubensvorstellungen und moralischen Werten auseinander. Vielleicht entdeckst du für dich einen wichtigen spirituellen Weg oder gewinnst bedeutsame Einsichten. Mitunter hast du das Gefühl, endlich die Wahrheit gefunden zu haben. In diesem Zusammenhang kann die Karte auch für missionarischen Geist und Sendungsbewusstsein stehen. Vielleicht bist du aber auch auf der Suche, ringst mit alten Glaubenssätzen und stellst religiöse Autoritäten in Frage. In jedem Fall geht es darum, Vertrauen in die Sinnhaftigkeit des Lebens zu entwickeln.

Das Geschenk: Das Auftauchen des Hierophanten in deinem Legesystem ist ähnlich wie das der Hohepriesterin ein Zeichen von Segen und innerer Führung. Dir bietet sich die kostbare Gelegenheit, dein Vertrauen in das Leben zu vertiefen und einen Glauben zu entwickeln, der stark genug ist, dich angesichts der Härten des Lebens zu stützen und zu tragen. Jetzt kannst du Antworten auf wichtige Lebensfragen finden oder Verständnis für die tiefere Bedeutung schwieriger Situationen entwickeln. Wenn du dich verwirrt und ratlos fühlst, ist dies eine gute Zeit, dich der Weisheit eines erfahreneren Menschen anzuvertrauen. Vielleicht bekommst du einen wichtigen Rat, dem du folgen solltest, oder findest den Trost, nach dem du dich lange gesehnt hast.

Optimale Nahrung: Gebete und heilige Rituale sind jetzt eine wichtige Nahrung für dich. Suche Orte der Kraft und heilige Plätze auf, erkunde Kirchen, Tempel, Steinkreise, Naturheiligtümer. Eine kleine Gruppe Gleichgesinnter kann dich auf deiner Sinnsuche erheblich unterstützen. Teile deine Gedanken, deine Sehnsüchte und Zweifel mit anderen. Lies heilige Schriften und Bücher von Menschen, die du für ihre Weisheit und Erfahrung achtest, und befasse dich mit den alten Mythen und heiligen Gesängen der Menschheit.

Heilende Lösung: Diese Karte ist ausgesprochen verheißungsvoll. Sie ermutigt dich, dem Rat einer weisen Frau oder eines weisen Mannes zu vertrauen, und stärkt deine Aussicht auf eine baldige Heilung. Vor allem aber verweist sie dich auf die Führung deines inneren Selbst. Prüfe stets, ob die Weisheit, die du außen findest, in dir auf Widerhall stößt. Das bedeutet nicht, dass du dir sicher bist, sondern dass du darauf vertraust, dass es wahr ist. Werde dir klar, was du wirklich glaubst, welchen moralischen Grundsätzen du folgst und welche spirituellen Autoritäten du anerkennst. Und dann geh entschlossen den Weg, den du gewählt hast.

Schlüsselworte: Welt des Glaubens • Sinnsuche • Tiefreichende Einsichten • Erkenntnis und Weisheit • Geborgenheit und Vertrauen, die aus einer Glaubensgewissheit entspringen • Führung des inneren Selbst • Moralische Grundsätze • Religion • Ethik • Die spirituelle Autorität • Der Bewahrer der Initiationsgeheimnisse • Verbindung von Himmel und Erde, Spiritualität und Alltag, Geist und Instinkt • Der formale Aspekt von Religion und Mystik • Festigung und Erhaltung der alten Traditionen • Rituale als Vehikel der Kraft • Gruppen und spirituelle Zirkel • Auseinandersetzung mit Glaubensgrundsätzen und weltanschaulichen Wertmaßstäben • Die Dinge aus einer höheren Perspektive sehen

Die sechste Karte zeigt eine Hochzeit. Zum ersten Mal in der Reihe der Tarotkarten steht auf diesem Bild nicht mehr eine einzige Person im Mittelpunkt, sondern wir sehen mehrere gleich große Personen. Ein Mann und eine Frau, berührt vom Zauber der Liebe, besiegeln ihre Entscheidung füreinander durch ein Eheversprechen. Eine Priesterin vollzieht dieses uralte Ritual und segnet das junge Paar. Die drei Personen stehen eng nebeneinander. Die junge Frau berührt das Herz ihres Geliebten und beide gemeinsamen schauen aufmerksam zu der älteren Frau, die ihre Hand segnend auf die Schulter des Mannes gelegt hat. Über den dreien, in der oberen Hälfte der Karte, schwebt in einem Strahlenkranz der geflügelte Gott Eros, der mit seinem Pfeil direkt auf die beiden Liebenden zielt.

Die Darstellung zeigt ein wichtiges Ereignis im menschlichen Leben: die liebende Verbindung zweier Menschen. Doch die Zeremonie, die auf der sechsten Karte dargestellt ist, geht weit über unser heutiges Verständnis der Ehe hinaus. Wir sehen hier den Großen Ritus, die Heilige Hochzeit der matriarchalen Kulturen. Jeweils zur Sommersonnwende verpflichtete sich der Jahreskönig durch dieses Ritual der Göttin und dem Land, indem er die geheiligte, rituelle Ehe mit der Priesterkönigin einging. Es war ein Ausdruck seiner tiefen Liebe zum Leben und seiner hohen Verantwortung für dessen Fortbestand, denn in der Regel setzte die Heilige Hochzeit die Bereitschaft des Jahreskönigs voraus, sich zu einem späteren Zeitpunkt zu opfern. Insofern steht die sechste Karte natürlich für die Erfahrung tiefer Liebe und Verbundenheit.

Interessant ist die numerische Verbindung zwischen der Karte ‚Die Liebenden‘ und der 14. Karte mit dem Titel ‚Mischung‘ oder ‚Das rechte Maß‘, auf welcher ein Engel Wasser aus einem Gefäß in ein anderes schüttet. Im Tantra gilt eine von der Göttin gesegnete sexuelle Vereinigung als so vollkommen wie „das Fließen von Wasser ins Wasser“. Durch die Verbindung zweier liebender Seelen vollzieht sich eine tiefgehende Verwandlung. Keiner von beiden wird unverändert daraus hervorgehen. Der englische Name der 14. Trumpfkarte, ‚Temperance‘, wird vom lateinischen ‚temperare‘ abgeleitet, was soviel wie ‚Elemente vermischen oder zusammenfügen‘ bedeutet. Eine andere Ableitung dieses Wortes ist das Temperament, das als spezielle Mischung der vier Elemente verstanden wird und unsere Persönlichkeit entscheidend färbt. Noch einmal wird hier der Bezug zur sechsten Trumpfkarte deutlich, denn für die Ehe bedarf es des passenden Temperaments, das durch die Mäßigung des Verhaltens durch Höflichkeit und Güte entwickelt werden muss. Vielleicht ist dies eine der Weisheiten, welche die ältere Frau dem jungen Paar auf der Darstellung der Liebenden mit auf den Weg gibt.

In manchen Versionen heißt diese Karte auch ‚Die Entscheidung‘. Dieser Name gibt uns einen wichtigen Hinweis auf eine weitere Bedeutung der Karte. Nachdem wir auf unserer Reise mit dem Narren dem Magier, der Hohepriesterin, der Kaiserin, dem Herrscher und dem Hierophanten begegnet sind und von ihnen allen lernen durften, ist die Zeit für uns gekommen, eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen. Alles, was wir dafür brauchen, haben wir uns in der Begegnung mit den fünf vorhergehenden Karten erworben: Wissen und magische Kraft, Hingabe und Geduld, Inspiration und Kreativität, Mut und Verantwortungsgefühl, Lebenssinn und spirituelle Weisheit. Nun sind wir reif, unser Herz zu befragen und den Weg zu gehen, den es uns weist. Von daher ist die Gabe, die wir in dieser Karte entdecken, unsere Fähigkeit, von ganzem Herzen und aus tiefster Seele ja zu sagen – zu einem Menschen, einem Beruf, einer Lebensentscheidung. Erst dieses Ja macht den Menschen oder die Situation, für die wir uns entscheiden, zu dem oder der richtigen und öffnet uns für die wahre Erfahrung der Liebe.

Die Anwesenheit des geflügelten Liebesgottes auf diesem Bild zeigt uns, dass die wahren Lebensentscheidungen nicht aufgrund rationaler Überlegungen und sorgfältiger Erwägungen getroffen werden können. Wären wir tatsächlich in allem, was wir tun, völlig frei, wir würden an so mancher Entscheidung vermutlich verzweifeln. Aber es gibt eine Kraft, die größer ist als wir, eine Kraft, die uns leitet. Eros, der Sohn der Göttin Aphrodite, die uns auf dem Bild der Kaiserin bereits begegnet ist, inspiriert das Herz der beiden Liebenden und lenkt dadurch ihre Schritte. Ebenso keimt im besten Fall die Gewissheit, mit der wir selbst unsere Entscheidungen treffen, in der unsichtbaren Tiefe unserer Seele auf, inspiriert vom Geist der Göttin.

Im Tarot finden sich immer wieder zahlreiche Hinweise auf das Gesetz der Polarität und die beiden Seiten der Wirklichkeit. Auch das Ja dieser Karte trägt gleichzeitig ein Nein in sich, denn jede Entscheidung, die wir treffen, ist untrennbar verbunden mit der Absage an einen anderen Lebensweg. Gerade wenn wir uns aus ganzem Herzen auf einen Menschen einlassen, nehmen wir damit Abschied von der Ungebundenheit des Single-Daseins und den vielen anderen Partnern, die möglicherweise für uns noch in Frage gekommen wären. Dasselbe gilt für zahlreiche Entscheidungen unseres Alltagslebens, auch jene, die mit Beziehungen gar nichts zu tun haben. Solange wir uns stets ein Hintertürchen offen halten und insgeheim hoffen, noch etwas Besseres zu finden, bleibt unser Leben oberflächlich und halbherzig. Erst die Bereitschaft, uns freiwillig zu beschränken, und uns aus ganzem Herzen für eine Angelegenheit zu entscheiden, erschließt uns den kostbaren Schatz, der darin verborgen liegt.

Die Zahl Sechs gilt bei Pythagoras als die erste vollkommene Zahl, weil ihre Teiler (1, 2 und 3) addiert wiederum Sechs ergeben. Die Sechs gilt von daher auch als Zahl der Vollkommenheit. Sie wird häufig als sechszackiger Stern dargestellt. Dieser ist aus zwei Dreiecken zusammengesetzt, von denen eines mit der Spitze zum Himmel weit und das andere nach unten gerichtet ist. Das obere der beiden Dreiecke gilt gemeinhin als Feuer-Dreieck, das untere als Wasser-Dreieck. Diese Symbolik erinnert uns von neuem an die Karte ‚Mischung‘. Und tatsächlich ist der sechszackige Stern auch das Symbol der mystischen Hochzeit von Shiva und Shakti. Somit werden wiederum sowohl sexuell-erotische Bezüge deutlich, als auch die Verwandlung zweier Seelen durch die Kraft der Liebe. Nicht zuletzt stellt der sechszackige Stern stellt die Verflechtung von Mikro- und Makrokosmos dar und bildet insofern der uralten Grundsatz des „Wie oben, so unten“ ab.

Die sechste Karte weiht uns in die alles verwandelnde Kraft der Liebe und das Geheimnis wahrer Herzensentscheidungen ein. Sie lehrt uns, aus tiefster Seele Ja zu sagen – zu uns selbst, einer Berufung, einer Person oder einem bestimmten Weg – und uns voll und ganz einzulassen auf das, was durch diese Wahl auf uns zukommt. Doch in der Auseinandersetzung mit dieser Karte lernen wir auch, dass die Gabe, eine solche Entscheidung zu treffen, uns oft aus Quellen zufließt, die unserem bewussten Verstand und unserem Willen entzogen sind.

Die auslösende Lebenssituation: Die Karte der Liebenden steht einerseits für eine große und tiefe Liebeserfahrung, andererseits für die Notwendigkeit einer Entscheidung. Du findest dich in einer Situation wieder, an der du zwischen mindestens zwei Alternativen wählen musst. Deine Wahl ist nicht belanglos, sondern wird den weiteren Verlauf deines Lebensweges entscheidend beeinflussen. Jetzt bist du aufgefordert, dich aus tiefstem Herzen zu entscheiden, ohne dir ein Hintertürchen offen zu halten. Beruflich kann es sich um eine Richtungsänderung handeln, eine neue Stelle oder einen neuen Aufgabenbereich. Im Bereich deiner Beziehungen kündet die Karte von einer tiefen Liebeserfahrung, die bloße Verliebtheit weit übersteigt. Auch diese Erfahrung wird jedoch nur dann möglich, wenn du dich von ganzem Herzen auf diesen Menschen einlässt, so wie er ist, und nicht länger auf den imaginären Traumprinzen wartest.

Die Wurzel des Problems: Erscheinen die Liebenden an der Wurzel des Geschehens, dann liegen die Ursachen für das, was dich plagt und quält, in einer tiefen Herzensangelegenheit. Womöglich befindest du dich in einer schwierigen Liebesbeziehung, die dich völlig aus der Bahn wirft, dich aufrüttelt und zutiefst verwandelt. Mitunter spricht aus dieser Karte aber auch nur eine unbändige Sehnsucht nach Liebe. Zudem steht sie für wichtige Entscheidungen. Entweder hast du eine Entscheidung getroffen, die dir nun Kopfzerbrechen bereitet, oder du stehst vor einer bedeutsamen Wahl und musst nun die Verantwortung für das übernehmen, was du zu tun gedenkst. Womöglich steht die Karte auch für deine Unfähigkeit, dich zu entscheiden, weil du zwischen zwei gleichermaßen attraktiv erscheinenden Alternativen gefangen bist. Sie kann auch auf starke innere Widersprüche hinweisen, die nur durch einen liebevollen Umgang mit dir selbst zu lösen sind. Die Kehrseite dieser Karte sind die unerreichbare Liebesideale, die vor allem dann entstehen, wenn es dir nicht gelingt, dich selbst zu lieben und dich mit den unterschiedlichen Seiten deiner selbst auszusöhnen. Sie kann sich auch als blinde Leidenschaft äußern, die dich ganz deinen eigenen Gefühlen ausliefert.

Innere Haltung: Du bist bereit, das, was gerade geschieht und in dir vorgeht, mit ganzem Herzen anzunehmen. Du lässt dich darauf ein und öffnest dich dafür, dich durch die Ereignisse berühren und verwandeln zu lassen. Die Karte spiegelt dein Bewusstsein dafür wieder, dass Schmerz zwar unvermeidlich ist, Leiden aber eine Wahl darstellt. Indem du dich nicht länger gegen das wehrst, was dir widerfährt, vermeidest du unnötiges Leid. Du triffst deine Entscheidungen in dieser Situation ganz bewusst und lässt dich dabei von deinem Herzen leiten. Widerstrebende Impulse in deinem eigenen Inneren verbindest du durch liebevolle Achtsamkeit.

Das Geschenk: Dir bietet sich nun die kostbare Gelegenheit, eine tiefgehende Liebeserfahrung zu machen. Dabei kann es um die Liebe zu dir selbst, zu einer bestimmten Person oder zu anderen Aspekten und Erscheinungsformen des Lebens gehen. Diese Erfahrung wird dich zutiefst verwandeln und die liebevolle Beziehung zu dir selbst und deiner Umwelt nähren und stärken.  Sie kann dir auch helfen, widersprüchliche Seiten deiner eigenen Seele auf liebevolle Weise zu verbinden und anzunehmen. Dein Problem kann dich lehren, dein zu Herz öffnen und das, was gerade geschieht oder womit du konfrontiert bist, kompromisslos zu bejahen.

Optimale Nahrung: Umgib dich mit allem, was du liebst. Suche Orte und Plätze auf, die dein Herz berühren. Besuche Menschen, die du liebst, oder lade sie zu dir ein. Tue Dinge, die dir Freude bereiten. Errichte in deiner Wohnung einen Heilaltar mit allen Gegenständen, die ein Gefühl zärtlicher Liebe in dir wecken, oder gestalte ein entsprechendes Mandala-Bild. Auch Äpfel und Hagebutten als Früchte der Liebesgöttin sind jetzt eine wichtige Nahrung für dich.

Heilende Lösung: Nimm dir Zeit, die widerstreitenden Seiten deiner Seele anzuhören und dich mit ihnen auszusöhnen. Gib ihnen den Raum, den sie brauchen, und nimm sie so an, wie sie sind. Der Weg zu einer heilenden Lösung führt in erster Linie über eine liebevolle Beziehung zu dir selbst. Es ist jetzt besonders wichtig, dass du das, was da ist, von ganzem Herzen bejahst, anstatt dich dagegen aufzulehnen. Vielleicht bist du nun aufgerufen, eine beherzte Entscheidung zu treffen. Nimm dir die Zeit, die nötig ist, um dir über die Konsequenzen deiner Wahl klar zu werden, doch dann entscheide dich.

Schlüsselworte: Notwendigkeit, eine Entscheidung zu treffen • Wichtige Entscheidung • Selbstverantwortung • Die Konsequenzen einer Wahl gut bedenken und sich dann aus vollem Herzen entscheiden • Klares Bekenntnis • Große Liebeserfahrung • Liebende Verbindung • Liebesbereitschaft • Liebesglück • Bindungswille • Bindungsfähigkeit • Gute Beziehungen • Liebe und Verständnis • Zärtlichkeit und Hingabe • Die Liebe als verbindende, schöpferische Urkraft des Lebens • Austausch von Energien • Sexualität und Erotik • Der großen Liebe begegnen • Eine neue Phase intensiver Liebe • Sich mit Liebe einer Aufgabe widmen • Öffnung nach außen • Die Begegnung mit anderen Menschen suchen • Unerreichbare Liebesideale • Selbstaufgabe • Entscheidungsschwäche •  Innere Widersprüche • Blinde Leidenschaft

Die siebte Karte zeigt einen stolzen, jungen Mann mit goldener Krone und königlichen Insignien, der in einem von zwei Pferden gezogenen Prunkwagen steht. An den vier Ecken des quadratisch geformten Wagens tragen vier Säulen einen mit Sternen bestickten Baldachin. Die beiden Pferde, ein rotes und blaues (auf manchen Karten auch ein schwarzes und ein weißes), sind so fest mit dem Gefährt verbunden, dass sie förmlich aus ihm herauszuwachsen scheinen. Die beiden Tiere bewegen sich in unterschiedliche Richtungen. Doch der königlich gekleidete Held lässt sich dadurch nicht beirren. Er genießt den Höhepunkt seiner jugendlichen Männlichkeit, den kurzen Augenblick der Überzeugung, dass ihm die gesamte Welt zu Füßen liegt. Obwohl er keine Zügel in den Händen hält, blickt er selbstbewusst und siegessicher nach vorne.

Der Prunkwagen kündet von mutigem Bestehen und erfolgreichem Wirken in der irdischen Welt. Wir haben unseren Platz gefunden, unsere Ziele klar gesteckt, lassen das Vertraute hinter uns und brechen nun voller Zuversicht zu neuen Ufern auf. Die Karte beschreibt den Höhepunkt eines aktiven, nach außen gerichteten Lebens und schließt damit die erste Siebenerreihe der Großen Arkana ab. Nach der Heiligen Hochzeit ist der Jahreskönig auf dem Höhepunkt seiner Macht. Sein Ruhm ist jedoch vergänglich. Wie jeder Jahreskönig ist auch der junge Mann im Sternenwagen dem unausweichlichen Abstieg und Untergang geweiht. Vielleicht steht deshalb in der Unendlichkeitsschleife dem Prunkwagen die 13. Trumpfkarte, der Tod, gegenüber. Selbst noch im alten Rom, als die alten matriarchalen Traditionen längst Vergangenheit waren, stand einem siegreichen Helden, der durch einen Triumphzug geehrt wurde, eine maskierte Personifizierung des Todes zur Seite und flüsterte ihm ins Ohr: „Mensch, vergiss nicht, dass du sterblich bist.“)

Der junge Sonnenkönig in seinem Wagen symbolisiert die Herrschaft, den Ruhm, den Krieg und den Tod. Er erinnert an den römischen Mars, der sich aus einem wesentlich älteren sabinischen Fruchtbarkeitsgott entwickelte. Dieser wurde von der berühmten dreifaltigen Göttin Juventas-Juno-Minerva geboren und starb jedes Jahr, um zur Wintersonnwende erneut aufzuerstehen. Im übertragenen Sinne steht der Wagenlenker für die menschliche Seele, der Wagen selbst für den Körper und die Pferde für dessen Lebensenergie.

Es ist erstaunlich, dass der junge König auf dem Wagen diesen gar nicht selbst lenkt, sondern nur aufrecht darin steht, während die Pferde ihrem eigenen Weg folgen und sogar in unterschiedliche Richtungen streben. Es scheint, als könne der Mensch sein Schicksal nicht bestimmen, selbst wenn er dies bisweilen glaubt. Mit ihren unterschiedlichen Farben repräsentieren die beiden Tiere die beiden Aspekte menschlicher Energie: die rote, aktive, aufsteigende Energie der Tatkraft und der Emotionen und die blaue, ruhige, absteigende Energie der Hingabe und der seelisch-geistigen Empfänglichkeit. Sie und der Wagen sind eins, die Lebensenergie ist untrennbar mit dem irdischen Körper verbunden.

Mit seinem Gefährt fährt der junge König in das Leben hinaus, um seine einzigartigen Möglichkeiten zu erforschen und seine individuellen Grenzen zu entdecken. Es ist eine gefährliche Reise mit ungewissem Ziel und unbekannten Gefahren, doch sein Gesichtsausdruck ist ruhig und bestimmt. Er ist bereit, sich der Herausforderung zu stellen. Während die Thronsessel der weiblichen und männlichen Figuren vorangegangener Karten fest und unverrückbar waren, erlaubt der Wagen des Königs eine größere Freiheit und Beweglichkeit. Um den zweirädrigen Wagen sicher zu steuern, benötigt der Fahrer ein hohes Maß an Gleichgewicht.

Der Prunkwagen selbst hat himmlische Kräfte, symbolisiert durch den sternenbestickten Baldachin. Die vier Säulen, zwei rote und zwei blaue, bilden gemeinsam mit dem Baldachin einen sicheren Raum, der den König schützt und seine Energien konzentriert. Die Räder des Wagens sind seitwärts gestellt. Ein derart magisches Gefährt erfolgreich – und ohne Zügel – zu steuern, erfordert ganz besondere Fähigkeiten. Die goldene Krone des Königs erinnert an einen Heiligenschein und verbindet ihn mit der Strahlkraft und feurigen Energie der Sonne. Er ist durchdrungen von Klarsicht und goldenem Verstehen. Auf geheimnisvolle Weise erhält er göttliche Führung. Die beiden Masken auf seinen Schultern verbinden ihn mit den leitenden Himmelslichtern Sonne und Mond. Womöglich dienen sie ihm auch als Orakelsteine, die ihm helfen können, seinen Weg nach dem göttlichen Willen auszurichten. Er steht eindeutig im Zentrum des Bildes und dennoch tritt er, anders als die Autoritätspersonen auf früheren Bildern, in menschlichen Dimensionen auf. Durch seine Jugend verkörpert er Frische, einen Neubeginn und neue Ideen und Impulse, aber auch Unerfahrenheit.

Die neue Lebenskraft zeigt sich auch in den frischen, grünen Schösslingen, die im Vordergrund wachsen. Die magische Zahl Sieben erinnert an die Würfel des Magiers. Bei jedem Würfel ergeben die einander gegenüberliegenden Seiten sieben Augen. Der Prunkwagen trägt die magische Energie der ersten Reihe hinüber in die zweite Ebene, die das Reich des Gleichgewichts genannt wird. Er repräsentiert den Übergang in einen neuen Zeitabschnitt und enthält somit den Keim für neues Wachstum. Der junge Held ist erwachsen geworden und nun dabei, seinen individuellen Platz in einer größeren Gemeinschaft zu finden.

Dennoch ist die Karte nicht nach dem königlichen Wagenlenker benannt, sondern nach dem Gefährt, das dieser steuert. Das lässt uns vermuten, dass der Wagen noch ein paar Geheimnisse für uns bereithält. Der horizontale Balken an seiner Vorderseite halbiert die Karte, dadurch entsteht eine klare Schwelle zwischen „oben“ und „unten“. Der Querbalken trennt den Wagenlenker von seinen Pferden – und auch von seinem persönlichem Monogramm, einem Schild, das die Initialen „SM“ trägt. Er hat sich abgeschnitten von seinen instinktiven Kräften und seiner individuellen Identität, seinen Wurzeln. Da er von fernen, zukünftigen Zielen träumt, hat er kein Auge für die zarten grünen Pflanzen unter sich und lässt die Hufe der Pferde achtlos darüber trampeln. Von daher warnt uns die Karte vor der Selbstüberschätzung, die entstehen kann, wenn der junge König es an Demut mangeln lässt und seine wahre Berufung vergisst.

Auslösende Lebenssituation: Die Karte steht für einen kraftvollen, freudigen Aufbruch, zum Beispiel einen Umzug oder einen Jobwechsel. Du brichst aus der Sicherheit und Geborgenheit deines gewohnten Alltags aus, löst dich aus deinem vertrauten Umfeld, überschreitest deine Grenzen und bist bereit, eigene Wege zu gehen. Es ist dies eine Situation, die sehr viel Zuversicht und Begeisterung in der weckt. Du hast deine eigenen Zweifel besiegt, bist dir über deine Ziele im Klaren und verfügst über die nötige Energie, sie tatkräftig zu verfolgen.

Die Wurzel des Problems: Die Kehrseite der siebten Karte heißt Selbstüberschätzung. Du läufst Gefahr, dass dein Mut sich in Übermut verwandelt. Trotz all deiner Fähigkeiten und Potentiale ist es eine gefährliche Reise, auf die du dich begibst. Die Räume, die du betrittst, sind dir fremd und du bist noch unerfahren in dem, was auf dich zukommt. Sei dir bewusst, dass du vieles erst noch lernen musst. Verfalle nicht dem Fehler zu glauben, du könntest und wüsstest schon alles. Wenn du deinen Blick nur auf zukünftige Ziele gerichtet hältst, übersiehst du nur allzu leicht die Anforderungen, die die Gegenwart an dich stellt.

Innere Haltung: Du verfügst jetzt über ein junges, aber starkes Selbstbewusstsein. Deine Begeisterung und dein Tatendrang beflügeln dich. Du ergreifst die Initiative und bringst Dinge in Bewegung. Die Klarheit deiner Ziele hilft dir, siegesgewiss an deine Aufgabe heranzugehen. Du sprühst nur so vor Risikobereitschaft, Abenteuerfreude und Unternehmungslust. Vor allem aber bist du in der Lage, alle relevanten Kräfte und Strömungen zusammenzubringen, auch widersprüchliche Impulse zu koordinieren und dich mit ihnen zu bewegen. Auf diese Weise gebrauchst du deine ureigene Macht zur Verwirklichung deiner Ziele.

Das Geschenk: Dir bietet sich jetzt die Gelegenheit, Grenzen zu überschreiten, die dir womöglich längst zum Gefängnis wurden, und deinen ureigenen Weg zu finden. Durch deine Bereitschaft, Risiken einzugehen und unbekannte Räume zu erschließen, erwachsen dir Macht und Selbstvertrauen. In der Auseinandersetzung mit scheinbar widersprüchlichen Kräften und Impulsen lernst du, deren kreative Potentiale nutzbar zu machen und inmitten der Vielfalt der Möglichkeiten das Gleichgewicht nicht zu verlieren.

Optimale Ernährung: Bewegung ist im Moment deine wichtigste Nahrung. Geh laufen, wandern oder Fahrrad fahren, erweitere deinen Horizont und deinen Bewegungsspielraum, balanciere über einen Baumstamm oder übe dich im Bogenschießen. Mach einen Ausflug an einen Ort, an dem du noch nie zuvor warst, und beschreite dabei völlig neue Wege. Auch das Reiten oder die Begegnung mit Pferden könnten sich dieser Tage als nährend und stärkend für dich erweisen.

Heilende Lösung: Nimm dir Zeit, dich in der Tiefe deines Körpers zu verwurzeln und aus der Verbundenheit mit deiner instinktiven Weisheit heraus klare Ziele und Visionen zu entwickeln. Bringe die widerstreitenden Impulse in dir ins Gleichgewicht, überwinde deine Zweifel und gehe das Wagnis ein, die Sicherheit des Altvertrauten hinter dir zu lassen und mutig neue Horizonte zu erschließen. Doch vergiss darüber nicht die Verwurzelung im Augenblick, die Achtsamkeit des gegenwärtigen Schrittes. Nähre deine Eigenmacht wie auch deine Verbundenheit mit einer höheren Weisheit und werde zur kreativen Gestalterin deines Lebens.

Schlüsselworte: Kraftvoller, freudiger Aufbruch • Mut und Übermut • Zuversicht • Begeisterung • Tatendrang • Initiative • Vorwärtsstreben • Klarheit der Ziele • Sieg über die eigenen Zweifel • Abenteuerfreude • Unternehmungslust • Risikobereitschaft • Triumph • Junges, aber starkes Selbstbewusstsein • Umwandlung von Energie: Wunsch, Wille, Durchführung, Gelingen • Begegnung mit der Aggression im ursprünglichsten Sinne des Wortes • Aus Sicherheit und Geborgenheit ausbrechen • Aus vertrautem Umfeld lösen • Grenzen überschreiten • Eigene Wege gehen • Das Gleichgewicht halten • Widersprüchliche Kräfte koordinieren • Alle Kräfte und Strömungen zusammenbringen und sich mit ihnen bewegen • Gebrauch der eigenen Macht • Die Zügel in der Hand halten • Siegesbewusst an eine Aufgabe herangehen • Sprung nach vorne

Die achte Karte zeigt uns eine Frau, die auf einem Thron zwischen zwei Säulen sitzt. In ihren Händen hält sie eine Waage und ein scharfes Schwert. Mit geradem, durchdringendem Blick schaut sie uns an. Die Gestalt, die uns auf diesem Bild begegnet, ist Maat, die Göttin der Gerechtigkeit, die Herrin der Waage und Hüterin des Naturgesetzes. Die Phönizier nannten sie Astraea, die Sternengleiche, bei den Römern hieß sie Libra oder Libera. Wenn wir ihr auf unserem Weg durch die Großen Arkana des Tarot gegenüberstehen, ist die Zeit der Jugend und der Initiation vorüber und die der inneren Reife steht bevor. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, die Zügel unseres Lebenswagens in die Hand zu nehmen und unser Schicksal entschlossen zu gestalten.

Die Gerechtigkeit steht am Beginn der mittleren Reihe. Über dieser spannt sich der Himmel aus, die geistige Welt, bevölkert von überirdischen Mächten, während sich darunter die irdische Welt mit ihren vielfältigen Naturgewalten erstreckt. Die mittlere Reihe hingegen repräsentiert das menschliche Dasein, das beide Welten berührt und an beiden Anteil hat.

Die Hüterin der Waage lehrt uns mit unbeirrbarer Klarheit, dass unsere Handlungen Konsequenzen haben. Wenn uns die Göttin der Gerechtigkeit gegenübersteht, werden wir mit den Folgen unseres Tuns konfrontiert. Ihr Urteil ist dabei keineswegs moralisch, sondern folgt den elementaren Gesetzmäßigkeiten des Lebens. Es geht ihr nicht um Belohnung oder Bestrafung, sondern um Ursache und Wirkung. Ob wir uns entscheiden, ehrlich und authentisch zu leben, ob wir es vorziehen, kleinere und größere Unebenheiten unseres Daseins durch Ausflüchte und Notlügen zu kaschieren, oder ob wir Arglist und Blendung zur Lebensmaxime erheben, wird sich – fernab jeder Moral – auf unser Denken, Fühlen und Handeln auswirken und unterschiedliche Ergebnisse nach sich ziehen.

Die zwei Schalen der Waage in den Händen der Gerechtigkeit sind leer. Wir selbst sind es, die sie mit unserem Tun und Handeln füllen. Die Zahl dieser Karte ist die Acht und die liegende Acht ist ein Spiegelbild der beiden runden Waagschalen in den Händen der Göttin. An diesem Punkt unserer Reise sind wir aufgefordert, die Dualität des menschlichen Daseins auszubalancieren und scheinbar gegensätzliche Kräfte ins Gleichgewicht zu bringen. Nachdem uns die Hohepriesterin und der Hierophant mit dem Gesetz der Polarität vertraut gemacht haben, sind wir nun aufgerufen, die Balance zwischen den Polen selbst herzustellen. Wir erkennen, dass es nicht allein auf uns, unsere persönlichen Wünsche und unser subjektives Wohlbefinden ankommt, sondern dass wir auch die Perspektive anderer Lebewesen berücksichtigen müssen, wenn wir in Harmonie leben wollen.

Die Hüterin der Gerechtigkeit lehrt uns, überlegt zu handeln und Verantwortung für unser Tun zu übernehmen. Ihr Schwert und der Helm, den sie trägt, bringen zum Ausdruck, dass es großen Mutes und scharfer Urteilskraft bedarf, um diese Aufgabe zu erfüllen. Doch sie hält das Schwert weder in Angriffs- noch in Verteidigungsposition, sondern aufrecht wie ein Zepter. Es ist ganz aus Gold und erinnert uns daran, welch kostbarer Schatz das Selbstwertgefühl ist, das uns zuwächst, wenn wir in Übereinstimmung mit unseren Werten handeln, unsere Verpflichtungen einhalten und für das einstehen, was wir als wichtig und bedeutsam erkannt haben. Die Schwertspitze weist zum Himmel. Gerade und klar liegt das Schwert in der Hand der Göttin. Es fordert uns auf, an integeren und aufrichtigen Entscheidungen mit aller Kraft festzuhalten.

Indem wir die Herausforderung der Gerechtigkeit annehmen, lösen wir aus dem kindlichen Zustand der passiven Opferhaltung. Wir machen nicht länger die Umstände oder unsere Eltern für unser Schicksal verantwortlich, sondern sind bereit, unseren eigenen Anteil am Geschehen anzuerkennen und damit auch unseren Einfluss geltend zu machen. Das Schwert symbolisiert die goldene Klarheit der Unterscheidung, die Illusionen, Ablenkungsmanöver und Selbstbeweihräucherungen aller Art hinter sich lässt, um in ruhiger Nüchternheit zum Kern der Dinge vorzudringen.

Während das Schwert in der Rechten der Göttin die Senkrechte betont, sind die Waagschalen in ihrer linken Hand durch eine horizontale Achse verbunden. Sie sind nicht starr, sondern beweglich und symbolisieren die Relativität der menschlich-irdischen Erfahrung. Das Schwert steht für die allgemeingültigen, überdauernden Normen, Werte und Prinzipien, die unser Handeln leiten; die Waage hingegen erinnert uns daran, dass jedes Ereignis einzigartig ist und individuell ausgewogen werden muss. Die beiden runden Schalen repräsentieren das weiche, bewegliche Yin, während die Härte und Klarheit des Schwertes ganz erfüllt ist von Yang-Energie. Dem individuellen Gewissen stehen die allgemein gültigen Gesetze gegenüber.

Die Gerechtigkeit sitzt als Vermittlerin genau zwischen diesen beiden Aspekten. Ihr Blick gibt keinem von beiden den Vorzug, sondern sie schaut gelassen und ruhig geradeaus. Ihre Aufgabe, so viel wird deutlich, basiert nicht auf akkuraten Rechengleichungen, sondern wurzelt in tiefgehender, spiritueller Einsicht. Der Ausgleich, den sie uns anzubieten hat, ist rein kompensatorischer Art. Wir können das, was wir verloren haben, niemals zurückgewinnen, doch das, was uns stattdessen zuteil wird, wiegt das Verlorene am Ende auf.

Der Stab, der die beiden Waagschalen verbindet, trennt die beiden voneinander, so dass wir die polaren Kräfte klar voneinander unterscheiden können, und hält sie dennoch zusammen. Dies erinnert uns daran, dass die beiden Pole einer Angelegenheit stets miteinander in Beziehung stehen. Wollten wir sie voneinander trennen, würde das die Waage zerstören und ein Ausgleich wäre nicht mehr möglich. Das Wesen der Polarität ist fortwährende sanfte Bewegung. Harmonie ist kein starrer, fest umschriebener Tatbestand, sondern ein ständig nach Balance strebender Prozess, der bald der einen, bald der anderen Seite mehr Gewicht zuweist. Vielleicht zeichnen sich gerade deshalb die abgebildeten Waagschalen im Gegensatz zum sonstigen Bildaufbau durch eine besonders feine und elegante Linienführung aus.

Astraea, die Herrin der Waage, war eine Tochter der Themis, der Göttin der Gerechtigkeit und der Ordnung. Sie lebte als letzte der Himmlischen während des goldenen, des silbernen und des bronzenen Zeitalters auf der Erde und verströmte dort ihren wohltuenden Einfluss. Die Grausamkeit und Gottlosigkeit der Menschen im eisernen Zeitalter ließen sie jedoch in den Himmel flüchten. Dort wurde sie zum Sternbild der Jungfrau, in dessen direkter Nachbarschaft sich das Sternbild der Waage befindet. Als Hüterin der Gerechtigkeit strebt sie nach lebendiger Harmonie und Schönheit, innerer Wahrheit und Integrität und dem Ausgleich der Gegensätze.

Die auslösende Lebenssituation: Die Karte der Gerechtigkeit steht für eine Situation, die dich mit den Konsequenzen deines eigenen Handelns konfrontiert. Was immer dir widerfahren ist, du hast es selbst zu verantworten. Du bist aufgerufen, dich mit deinem Verständnis von Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit auseinanderzusetzen und weise Entscheidungen zu treffen. Beruflich stehst du vielleicht vor einer Situation, die ein ausgewogenes Denken und eine unparteiische Entscheidungsfindung erforderlich macht. Im Bereich deiner Beziehung erinnert die Karte dich daran, wie wichtig es ist, stets beide Seiten der Wirklichkeit zu berücksichtigen.

Die Wurzel des Problems: Das Geschehen, dem du dich gegenübersiehst, hat karmische Wurzeln. Dein eigenes Denken, Fühlen und Handeln hat die Situation herbeigeführt. Du selbst bist verantwortlich für das, was dir zuteil geworden ist. Vielleicht hast du zugelassen, dass dein Leben allzu sehr aus der Balance gerät. Womöglich bist du einem Extrem verfallen, hast zu viel gearbeitet, dich zu sehr verausgabt, zu wenig auf deine Bedürfnisse geachtet – oder du warst allzu egoistisch und hast die Bedürfnisse der Menschen um dich herum zu wenig berücksichtigt. Womöglich hast du auch deine Werte und Prinzipien verraten und gegen deine innere Überzeugung gehandelt. Was auch immer es war – die Ursachen genau zu beleuchten, wird dir ein tieferes Verständnis für dein eigenes Schicksal eröffnen.

Wie du mit der Situation umgehst: Du betrachtest die Situation mit großer Klarheit und Unvoreingenommenheit. Dir ist bewusst, dass in dieser Angelegenheit alle Beteiligten zu ihrem Recht kommen müssen, und du wägst nüchtern und gewissenhaft ab, was zu tun ist, ehe du ein bewusstes und entschieden getroffenes Urteil fällst. Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit und Fairness sind dir in dieser Angelegenheit besonders wichtig. Du übernimmst Verantwortung für das, was du tust, und bist bereit, dafür gerade zu stehen.

Die Kehrseite der Karte ist die Selbstgerechtigkeit, die entsteht, wenn hehre Prinzipien und Ideale nicht mehr durch die lebendige, fühlende Wirklichkeit des menschlichen Herzens ausgeglichen werden. Dann erstarrt das Gesetz zur leblosen Hülle, zur bloßen Form, die der Relativität individueller Erfahrungen nicht mehr gerecht werden kann. Auf der anderen Seite warnt die Karte vor allzu großer Subjektivität, die jegliche übergeordnete Leitlinien aus den Augen verliert und sich nur noch an persönlichen Bedürfnissen orientiert. Nur wenn das Schwert und die Waage den Prozess gleichermaßen bestimmen, ist das Ergebnis von Erfolg gekrönt.

Das Geschenk: Dir bietet sich nun die kostbare Gelegenheit, dein Leben ins Gleichgewicht zu bringen. Die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und dich als Urheberin deines Schicksals zu verstehen, eröffnet dir die Freiheit, die Dinge objektiv und unvoreingenommen zu betrachten. Dadurch bist du in der Lage, allen Aspekten der Wirklichkeit gerecht zu werden. Das größte Geschenk der Gerechtigkeit ist die Erfahrung von Selbstwertgefühl und Integrität, die entsteht, wenn du in Übereinstimmung mit deinen Überzeugungen handelst, deine Verpflichtungen einhältst und für das einstehst, was dir wirklich wichtig ist.

Optimale Ernährung: Alle Übungen, die den Gleichgewichtssinn fördern, z.B. die Yoga-Übung „Der Baum“ oder das Balancieren auf einem Baumstamm, unterstützen jetzt deinen Heilungsprozess. Zeichne Lemniskaten oder wiege dich hin und her, um ein Gespür für den gleichmäßigen Pendelschlag zu gewinnen. Achte auf eine ausgewogene Ernährung und sorge dafür, dass Ruhe und Aktivität sich in deinem Alltag in ausreichendem Maße abwechseln.

Heilende Lösung: Tritt einen Schritt zurück und betrachte deine Situation mit der nötigen Distanz. Sei ehrlich zu dir selbst und halte dich an deine Prinzipien und Überzeugungen. Ausgleich, Fairness und Gerechtigkeit sind in dieser Angelegenheit wichtige Qualitäten. Versuche, allen Beteiligten gerecht zu werden und alle Aspekte gleichermaßen zu berücksichtigen. Wäge sorgfältig ab, was zu tun ist, und triff dann eine klare, bewusste Entscheidung. Es ist jetzt von besonderer Bedeutung, dass du für dein Denken, Fühlen und Handeln die volle Verantwortung übernimmst.

Schlüsselworte: Balance • Ausgewogenheit • Gerechtigkeit • Unbestechlichkeit • Fairness • Klares Urteilsvermögen • Aufrichtigkeit • Wahrheitsliebe • Klare, objektive Erkenntnis • Bewusstes, entschieden getroffenes Urteil • Weise Entscheidung • Notwendigkeit ausgewogenen Denkens und unparteiischer Entscheidungsfindung • Auseinandersetzung mit Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit • Beide Seiten der Wirklichkeit berücksichtigen und gegeneinander abwägen • Unvoreingenommenheit • Konfrontation mit den Folgen des eigenen Tuns • Verständnis für das eigene Schicksal • Kosmische Gerechtigkeit • Das Gesetz des Karma • Selbstverantwortung

Die zwölfte Karte zeigt uns einen jungen Mann, der mit auf den Rücken gebundenen Händen kopfüber an einem Galgen hängt. Die Pfeiler des Galgens sind gestutzte Bäume mit blutigen Stümpfen. Diese wachsen zu beiden Seiten eines Abgrunds, so dass der Kopf des Mannes noch unterhalb der Erdoberfläche hängt. Mit dem herunterhängenden Haar sieht er aus wie ein Blumenzwiebel, begraben in den Tiefen der Erde. Seine Lage verurteilt den hängenden Mann zu absoluter Untätigkeit. Er hat keine Möglichkeit, sein Leben zu gestalten oder den weiteren Lauf der Dinge zu beeinflussen. Und dennoch wirkt er erstaunlich ruhig und gelassen. Seine Augen sind weit geöffnet und auf seinem Gesicht sehen wir einen Ausdruck sorgenfreier Heiterkeit.

Der Gehängte erinnert uns an Odin, den nordischen Himmelsvater und Gott der Weisheit, der bisweilen mit Merkur gleichgesetzt wird und damit dem Magier nahe steht. Die Sage erzählt uns, dass Odin, von seinem eigenen Speer verwundet, neun Tage und neun Nächte lang im Weltenbaum Yggdrasil hing. Dort empfing er neun magische Gesänge und ersann die heiligen Runen. Er opferte sich selbst, um die Geheimnisse des Schicksals und der Ewigkeit zu enthüllen. Indem er freiwillig dem Tod ins Auge sah, wuchs seine Weisheit ins Unermessliche.

Die Position des Gehängten verbindet ihn auch mit den Traditionen der rituellen Demütigung eines Jahreskönigs vor seinem Opfertod. Das Hängen selbst ist keine Methode, die zum körperlichen Tod führt. Vielmehr ist sie ein Zeichen der öffentlichen Herabsetzung und Erniedrigung, die der Jahreskönig freiwillig auf sich nimmt, um den Fortgang des Lebens zu gewährleisten. Doch die Haltung des hängenden Mannes zeigt uns auch, dass es hier um mehr geht. Drehen wir die Karte um und richten ihn also auf, so steht er mit eingestemmten Armen elegant auf einem Fuß und scheint zu tanzen. Er nimmt dieselbe Beinhaltung ein wie die Tänzerin auf der Karte „Die Welt“. Jener, der zur Unbeweglichkeit verurteilt schien, wirkt nun heiter, beweglich und befreit. Ruhig und vertrauensvoll begegnet er unserem Blick, lächelnd angesichts der Geheimnisse, von denen er erfahren hat.

Umgeben von den gestutzten Bäumen und dem Galgenbalken wirkt der Gehängte wie in einen Sarg eingeschlossen. Seine Nähe zur Erde lässt jedoch neues Leben ahnen. Wie ein Samenkorn, das in der Erde ruht, bis seine Zeit gekommen ist, wird auch der Gehängte wie neu geboren aus dem Schoß der Erde hervorgehen. Er hängt zwischen den beiden Polen des menschlichen Daseins, Geburt und Tod. Dabei verbindet er sich mit den vermeintlich niederen Aspekten der Natur, mit den Würmern, Insekten und Pflanzen. Er lauscht dem Wachstum der Gräser, dem Gesängen der Vegetation und den Geräuschen der Kriechtiere. In der Tiefe des irdischen Daseins findet er Inspiration und erfährt seine enge Verbundenheit mit allem Leben. Sich dieser Prüfung zu stellen, verlangt Mut und Opferbereitschaft.

Das Motiv des Opfers und der Zerstückelung findet sich sowohl in den blutroten Stümpfen der gestutzten Bäume als auch in den roten Beinen und Oberarmen des hängenden Mannes. Vermutlich musste auch er im übertragenen Sinne Blut lassen und überlebte Muster des Denkens, Fühlens und Handelns einer erweiterten Sichtweise opfern. Hilflos wie die Tiere auf dem Glücksrad ist er seinem Schicksal ausgeliefert, doch anders als diese hat er die Chance, sein Geschick bewusst zu akzeptieren und ihm durch tiefe Einsicht einen Sinn zu verleihen. Indem er die Gelegenheit nutzt, die Welt aus einer anderen Perspektive zu betrachten, erweitert sich sein Verständnis der Dinge.

Die Beinhaltung des Gehängten, in der wir die Zahl Vier erkennen, weist uns darauf hin, dass aus diesem Prozess ein unzerstörbares Fundament entsteht. Die vierfache Ordnung des Kaisers wird zwar auf den Kopf gestellt, jedoch nicht außer Kraft gesetzt. Sie gibt sich ganz dem Einfluss des Himmels und dem Wirken der Schicksalsmächte preis, um daraus gestärkt und verwandelt hervorzugehen. Die Zahl Zwölf erinnert an den himmlischen Tierkreis mit seinen zwölf Zeichen, der sich auf der Erde in den zwölf Monaten widerspiegelt und uns auf die himmlischen Dimensionen der Zeit und des Schicksals verweist, denen der hängende Mann unterworfen ist. Als Drei mal Vier verbindet die Zwölf die Dreigestaltigkeit der Göttin mit der irdischen Realität der vier Elemente. Ein Baum, der seine Zweige den Sternen entgegen wachsen lassen möchte, braucht starke Wurzeln.

Die numerische Entsprechung des Gehängten im Unendlichkeitsmuster ist die Gerechtigkeit, die mit ihrer Waage die menschlichen Herzen wiegt. Den Ägyptern galt der Herzschlag als „Tanz des Lebens“ innerhalb des Körpers und war Ursprung aller künstlerischen Ausdrucksformen des Tanzes, des Gesanges und der Musik. Wir dürfen annehmen, dass der hängende Mann sich seines Herzschlags durch das stete Pulsieren in seinem Kopf besonders intensiv bewusst ist. „Ich bin, ich bin, ich bin“ pocht es stetig zwischen seinen Schläfen – und dieses „Ich bin“, der fortwährende Tanz des Lebens, verweist uns erneut auf die Tänzerin der 21. Arkana. Womöglich setzt sich der Hängende bewusst dieser Prüfung aus, um die göttliche Lebendigkeit in seinem eigenen Herzen zu entdecken.

Die Herausforderung der Gerechtigkeit bestand darin, ein Gleichgewicht auf einer waagerechten Ebene zu finden. Der hängende Mann ist aufgerufen, die Balance zwischen Himmel und Erde herzustellen, zwischen der Verbundenheit mit den Sternen und Planeten und der Verwurzelung in der irdischen Welt. Wenn er sich den Steinen, Pflanzen und Tieren genauso nahe fühlt wie den himmlischen Musen, erlangt er größere Ganzheit. Jedoch erfordert diese Konfrontation in jedem Fall ein Opfer, nämlich den bewussten Verzicht auf jede Art der aktiven Kontrolle und Einflussnahme und die stille Hingabe an das eigenen Schicksals im Vertrauen auf eine höhere Weisheit. Erst indem der Gehängte sein Geschick mit ganzem Herzen annimmt, wächst er darüber hinaus. Denn das ist die Botschaft der himmlischen Mächte: Wer sein Schicksal wählt, wird davon befreit.

Die auslösende Lebenssituation: Du befindest dich in einer Situation, die dich zur Untätigkeit verurteilt. Deine Lage ist äußerst unangenehm und angespannt und dennoch hast du keinerlei Möglichkeiten, aktiv auf das Geschehen Einfluss zu nehmen. Vielleicht schickt dich eine körperliche Krankheit in eine Zwangspause, vielleicht wurde ein wichtiges Vorhaben vereitelt oder du erlebst eine völlig festgefahrene Situation in deinen Beziehungen. Nur eine radikale Umkehr oder eine Veränderung deiner Perspektive werden dich daraus erlösen können.

Die Wurzel des Problems: Die erzwungene Ruhe einer unangenehmen Zwangslage droht dich schachmatt zu setzen. Du lässt dich hängen, ertrinkst in Selbstmitleid und bist kurz davor aufzugeben. Wenn du dich der inneren Einsicht verschließt und jammernd und klagend weiter leidest, wirst du dich nie von deinen festgefahrenen Ideen und Vorstellungen befreien können.

Innere Haltung: Du leidest und bist voller Schmerz, doch aus dem Kummer erwachsen dir Erleuchtung und Heilung. Mit großer Weisheit und Reife betrachtest du die Situation und bist bereit, dabei einen völlig neuen Blickwinkel einzunehmen. Du bist auf der Suche nach der inneren Bedeutung deines Schicksals und bereit, dafür auch ein Opfer zu bringen. Mutig stellst du dich der Einsamkeit und unterziehst deine bisherige Weltsicht einer gründlichen Prüfung. In der Ruhe und Versenkung findest du deinen inneren Frieden.

Das Geschenk: Dir bietet sich die kostbare Gelegenheit, tiefe Einsichten zu gewinnen und die Welt mit völlig anderen Augen zu betrachten. Indem du dein Schicksal annimmst und nach seiner inneren Bedeutung suchst, erlangst du Weisheit, Reife und inneren Frieden. Selbst der Schmerz, den du empfindest, ist ein Geschenk, denn er trägt alles fort, was dich behindert und deine Sicht auf die Wahrheit verstellt. Am Ende warten Erleuchtung und Heilung auf dich.

Optimale Ernährung: Du brauchst eine Pause. Gönne dir die nötige Ruhe und eine bewusste Zeit des Nichtstuns. Lass alle Aktivitäten beiseite, leg dich ins Gras und lausche den Gesängen der Erde. Alle Arten von Wurzelgemüse sind jetzt eine wichtige Nahrung für dich. Mach einen Yoga-Kopfstand und spüre dem Pochen deines eigenen Herzens nach. Umgib dich mit Steinen, Kräutern und Tieren. Verlangsame den Rhythmus deines Lebens.

Heilende Lösung: Nur eine radikale Umkehr vermag dich aus der Sackgasse zu befreien, in die du dich hineinmanövriert hast. Klammere dich nicht länger an überlebte Verhaltensmuster und lieb gewonnene Überzeugungen, sondern riskiere einen völlig neuen Blick auf die Welt. Nur wenn du bereit bist, ein Opfer zu bringen, kannst du ein höheres Gut erlangen. Nimm dir Zeit, um die tiefere Bedeutung deiner Situation zu ergründen. Sei geduldig mit dir selbst und lass die Einsicht darüber reifen, welche Lebensumkehr jetzt von dir gefordert ist.

Schlüsselworte: Unbeweglichkeit • Erzwungene Ruhe • Kurzfristige oder tiefergehende Zwangspausen • Vereitelte Aktivitäten • Festsitzen • Festgefahrene Situationen, aus denen uns nur eine Umkehr oder eine Veränderung unserer Perspektive erlösen können • Annahme des Schicksals und Suche nach seiner inneren Bedeutung • Notwendigkeit eines freiwilligen Opfers, um etwas zu erlangen, was einen höheren Wert besitzt • Weisheit und Reife, die aus der Ruhe und Versenkung erwachsen • Geduld und Hingabe • Innerer Frieden • Die Dinge aus einer neuen Perspektive betrachten • Notwendigkeit und Gelegenheit, durch tiefgründige Einsicht zu gewandelter Weltsicht und Lebensumkehr zu gelangen • Umkehr • Der Strom von Schmerz, der alles fortträgt, was dich behindert • Leiden und darausfolgend: Erleuchtung und Heilung • Mut zur Einsamkeit